Kinder zu einem verantwortungsbewussten Umgang mit Geld zu erziehen, ist eine echte Herausforderung.
Die Gratwanderung zwischen verwöhnen und „zu-kurz-halten“ ist anstrengend: Man möchte ja auf keinen Fall daran Schuld sein, wenn der Sohn sich später verschuldet oder die Tochter glaubt, die gebratenen Tauben flögen ihr von selbst in den Mund.
Andererseits soll es dem Kind ja an nichts fehlen, auf keinen Fall soll es weniger als die anderen zur Verfügung haben oder sonst irgendeinen Mangel leiden…
Welche Tipps ich für Eltern und ihre Gelderziehung gebe, habe ich hier in einem Interview zusammengefasst:
Wir reden heute über Gelderziehung in der Familie, schön, dass du dich für das Interview zur Verfügung stellst. Stell dich doch erst mal kurz vor bevor wir in das Thema richtig einsteigen.
Ich bin von Haus aus Banker und habe mich vor gut 6 Jahren mit meiner GmbH selbstständig gemacht.
Sehr schnell wurde mir aber klar, dass auch die beste Beratung nicht viel nutzt, wenn die Menschen nicht eine eigene innere Haltung zu ihren Finanzthemen entwickeln: Wenn ich kein finanzielles Grundwissen habe, kann ich nicht verstehen, was mir Banker und Versicherer erzählen und treffe nicht meine eigenen Entscheidungen, sondern folge fast blind und vertrauend der Entscheidung des Beraters.
Finanzielles Wissen ist aber eben keine Allgemeinbildung – und deshalb habe ich mir die Aufgabe gestellt, es dazu zu machen: Wir haben nur dieses eine Leben und nur die eine Chance, uns rechtzeitig um unsere Finanzen zu kümmern.
Also lehre ich: Für Erwachsene in Workshops, Fortbildungen und Online-Kursen und für Jugendliche im sprichwörtlichen Geldunterricht.
Du hast also auch Klassen, wo Kinder unterrichtet werden und nicht die Eltern?
Das ist mein Ehrenamt, ja. Mittlerweile bringe ich den Kindern seit 6 Jahren Finanzbildung bei, natürlich in einer abgespeckten und angepassten Version. Da geht es ganz viel darum, was Zeit mit Geld eigentlich anstellt. Dazu gibt es einen kleinen Taschenrechner und es ist wichtig, das Thema so umzusetzen, dass es den Kindern auch Spaß macht.
Das mache ich für die Klassenstufen 9 und 10 über ein ganzes Schuljahr, es geht also richtig fundiert zur Sache.
Schön ist es, dass die Kinder nach Hause gehen und ihren Eltern erzählen was sie gelernt haben. Manche Eltern sind irritiert, wenn ihre Kinder plötzlich mehr Finanzwissen haben als sie selbst und Fragen stellen, auf die sie nie gekommen wären…
Aber wir sollten als Erwachsene nicht so streng mit uns sein und nicht vergessen, dass wir weder in der Schule, noch im Studium irgendeine ernsthafte ökonomische Bildung genossen haben.
Was ich oft erlebe – und du sicherlich auch-, ist, dass das Thema Geld zunächst erstmal negativ besetzt ist bei vielen Menschen. Wie gehst du dann an die Sache heran und weckst die Begeisterung für das Thema?
Geld ist immer in 2 Richtungen besetzt, es kann niemals nur negativ besetzt sein: Sonst würde sich ja niemand freuen, wenn er seinen Lohnzettel in den Händen hält. Die grundsätzliche Bereitschaft, sich über Geld zu unterhalten ist also schon gegeben.
Das Negative, die ablehnende Haltung rührt meistens aus pseudo-kapitalistischen Glaubenssätzen her: „Geld verdirbt den Charakter“ oder „Geiz ist geil!“.
Diese Verwirrungen lassen sich mit ökonomischer Bildung und ernsthaftem Hinterfragen solcher Glaubenssätze gut aufklären: dann wächst die Freude und Wertschätzung. Wenn diese geistige Sicherheit dann erst mal da ist, fällt die Angst weg.
Mit Wissen und gutem Mindset hat jeder die Möglichkeit, sich selbst eine gute finanzielle Entscheidungskompetenz zu verschaffen.
Wie ist das in der Familie? In manchen Familien da wird das Thema komplett außen vor gelassen. Und es gibt viele Kinder, die gar nicht wissen was ihre Eltern den ganzen Tag machen, um ihr Geld zu verdienen. Wann sollte man denn damit anfangen die Kinder deiner Meinung nach an dieses Thema heranzuführen?
Eigentlich schon im Kindergarten. Es ist keine gute Entscheidung, Kinder von Geldthemen fernzuhalten bis sie halbwegs erwachsen sind: So verpassen sie die erste gute Gelegenheiten, sich Grundlagen und Erfahrungen für eine eigene Meinungsbildung zu verschaffen.
Außerdem überträgt sich die Vermeidungshaltung auch auf das weitere Groß-Werden – und im Teenageralter interessiert das Thema dann eben nicht mehr, obwohl es das eigentlich müsste. Gerade im geschützen Rahmen „Familie“ sollte Geld kein Tabuthema sein: Situationen wie der typische abrupte Themenwechsel, sobald das Kind das Zimmer betritt, sind unbedingt zu vermeiden. Wir wollen ja nicht, dass unsere Kinder sich schuldig fühlen, weil sie solche Verhaltensweisen und Heimlichkeiten auf sich selbst beziehen.
Wenn das Thema Geld in der Familie angebracht wird, fallen in häufigen Fällen ja Sätze, wie: „Das können wir uns nicht leisten!“, „Das ist schon die dritte Hose diesen Monat!“ , „Du weißt ja, was dein Hobby schon kostet…“
Pflanzt man den Kindern damit denn auch schon negative Gefühle zum Thema Geld ein? Sollte man da gar nicht drüber reden oder doch lieber ehrlich sagen „diesen Monat geht es nicht mehr.“?
Das Thema Geld kann und sollte man auch bei den Kindern offen auf den Tisch legen – und es ist absolut kontraproduktiv, eine anklagende Haltung einzunehmen. Es ist doch nicht tragisch, den Kindern zu transportieren, dass es auch mal engere Monate gibt: Heutztage daraus ein Tabu zu machen, ist vorsintflutlich. Früher oder später müssen sie schließlich am eigenen Leib erfahren, dass es im Finanzleben bessere und schlechtere Zeiten gibt.
Mein Vorschlag: Wenn ein Kind eine nicht zwingend notwendige Anschaffung tätigen möchte, kann man es durchaus mit in die Verantwortung nehmen. Etwas ältere Kinder kann man einfach mal fragen „Was ist denn dein Beitrag dazu?“ und sie so zum Mit-Denken animieren.
Eine oft kontrovers geführte Diskussion, ist die Frage, ob Kinder sich zuhause durch kleinere Arbeiten ihr Taschengeld aufbessern können. Findest du das sinnvoll?
Es ist sinnvoll, dass Kinder früh lernen, dass zum Gelderwerb in der Regel Arbeit notwendig ist.
Meiner Meinung nach ist es aber besser, wenn die Kinder z. Bsp. den Rasen der Nachbarn mähen anstatt den eigenen, um sich das Taschengeld aufzubessern. So lassen sich die beiden Bereiche Familie und Arbeit nicht nur für die Kinder leichter trennen. Grundsätzliche Hausarbeiten gehören nämlich zum Familienleben dazu – und innerhalb der Familie ist es schwer, saubere Geschäftsbeziehungen zu führen.
Wie stehst du denn zu dem umgekehrten Weg? „Wenn du X nicht machst, dann bekommst du weniger oder kein Taschengeld“. Ist das eine sinnvolle Herangehensweise oder ist das eher etwas, was die Beziehung zum Geld wieder schwieriger macht.
Es kommt immer darauf an wie die Beziehung zum Geld vorher aufgebaut wurde. Taschengeld ist eine Art bedingungsloses Grundeinkommen, da sollte nicht gekürzt werden. Konsequenterweise darf es dann aber auch keinen Vorschuss aufs nächste Taschengeld geben.
Einen sauberen Mittelweg, bei dem man den Kindern die Freiheit über das eigene Geld gibt und trotzdem die Hand auf alle ihre finanziellen Aktionen hält, gibt es nicht!
Jüngeren Kindern kann zu Beginn sehr helfen, zwei Sparschweine einzuführen: Eines für größere – selbstgewählte! – Sparaufgaben, das andere zum Ausgeben über die Woche (quasi als Geldbeutelersatz).
Ganz wichtig, besonders bei den Kleinen: Das Taschengeld immer in kleineren Münzen austeilen! Es tut der Kinderseele nämlich weniger weh, von einer ganzen handvoll Münzen einige wenige Stücke ins Schwein zu werfen, als gleich eines von zwei.
Spannender Tipp! Das ist für die Kinder ja schon viel logischer, insbesondere im Jüngeren Alter. Wie ist das beim Einkaufen? Ich gebe meinem Kind auch gerne mal Bargeld in die Hand und schicke es z.Bsp. Eier kaufen und lasse mir danach vorrechnen, wieviel Rückgeld es bekommen hat. Wie sind da deine Erfahrungen?
Natürlich ist es toll, sie eigenverantwortlich einkaufen zu lassen! Um sie ganz selbstsicher auf den Weg zu schicken, könntest Du es vielleicht schon vorher rechnen lassen, wieviel Geld ungefähr bezahlt werden muss und wieviel Wechselgeld es dann in etwa erhält.
Das lässt den kleinen Einkäufer dann an der Kasse sehr souverän wirken und er ist nicht überfordert mit gleichzeitig einpacken, aufpassen, rechnen und nachzählen…
Ist es deiner Meinung nach sinnvoll oder doch kontraproduktiv, die Kinder bei bei größeren Finanzentscheidungen, wie beispielsweise Versicherungen oder Führerschein miteinzubeziehen?
Zum Führerschein würde ich das Kind – den Teenager! – sogar alleine losschicken: Wer demnächst ein Werkzeug bedienen kann, mit dem es sich selbst und seine Umwelt ernsthaft gefährden kann, sollte auch in der Lage sein, sorgfältig seine Fahrschule auszusuchen und sich über die finanziellen Alternativen erste Gedanken zu machen.
Der Auftrag könnte hier sein, sich z. Bsp. drei Fahrschulen anzuschauen und diese nach Kriterien wie Kosten, Dauer des Führerscheins und Sympathie des Fahrlehrers abzuchecken. Mit den gesammelten Ergebnissen kann und sollte man die endgültige Entscheidung dann gemeinsam treffen.
Auch bei Versicherungsgesprächen macht es Sinn, größere Kinder einzubeziehen: So haben sie doch schon mal erlebt, wie so ein Gespräch geführt wird und sie können lernen, wie die Eltern nachfragen, abwägen und Entscheidungen treffen.
Es besteht ja durchaus die Gefahr, dass das Kind nichts versteht, wenn es bei solchen Gesprächen dabei sitzt…?
Ich würde den Teenager im Vorfeld sogar ermuntern, Fragen zu stellen! Wenn der Versicherungsprofi dem Jugendlichen seine Frage nicht verständlich beantworten kann oder will, so hat er möglichcherweise die falsche Berufswahl getroffen.
Außerdem: Auch manche Eltern lernen bei dieser Gelegenheit dazu, denn häufig trauen sich Erwachsene nicht, zu viele oder vermeintlich dumme Fragen zu stellen…
Wenn du jetzt einen Tipp für Zuhörer und Leser hast, welchen würdest du geben?
Am Besten lernen Kinder, wenn ihnen die Eltern sicheres, selbstbewusstes und werteorientiertes Geldverhalten vorleben. Wem das schwerfällt oder wer unsicher ist, der sollte auch den Kindern gegenüber offen damit umgehen – und daran arbeiten. In der Familie sollte über Geld ganz natürlich gesprochen werden, es ist für niemanden gut, das Thema vor lauter Angst und Ressentiments zu tabuisieren.
Und wenn mein Kind jetzt schon älter ist und ich eine ganze Weile das anders mache…
Es ist nie zu spät für mehr Wissen! Kinder haben Respekt vor Eltern, die sich nicht als allwissende Macht darstellen und bereit sind, Neues lernen.
[bctt tweet=“#Gelderziehung: Kinder haben Respekt vor Eltern, die bereit sind, Neues lernen.“ username=“geldwert_anette“]
Wenn ich jetzt Leser bin und das alles lernen möchte, wo findet man dich?
Live und in Farbe kann man mich in Saarbrücken erleben, hier gebe ich regelmäßig Workshops. Außerdem gibt es einen umfassenden Online-Selbstlernkurs. Für Menschen, die nicht gerne autodidaktisch lernen, arbeiten wir gerade an einer geführte Coaching-Version der Online-Finanzbildung. Und wer einen tollen Arbeitgeber hat, kann auch über ein Mitarbeiterseminar von der Finanzbildung profitieren… die Finanzbildung und ich sind also überall präsent – wenn man will, dann findet man mich. 😉
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Liebe Anette,
danke für die tolle Zusammenfassung unseres Interviews.
Ich hoffe, dass es dabei hilft den Eltern die Angst vor dem Thema Geld zu nehmen. Denn wer frühzeitig lernt, richtig mit seinen Finanzen umzugehen, braucht sich später um sein Auskommen weniger Sorgen zu machen. Und das wollen wir doch alle für unsere Kinder, oder?
Ganz liebe Grüße
Anja
Ich habe nirgendwo sonst besseren Tips gefunden! Der Artikel hat mir sehr geholfen. Danke für das Mitteilen
Das finde ich auch Kinder sollte man schon ab dem Kindergarten mit Geld umgehen lassen können je früher desto besser. Das sehe ich an den Kindern meiner Freunde die wollen einfach alles haben und haben keine Vorstellung zum Verhältnis was die Eltern verdienen und was manche Spielzeuge oder Sachen kosten. Die sagen einfach nur kauf mir das und wenn die das nicht bekommen können heulen die. Obwohl die schon 8 und 9 sind das finde ich sehr sehr schade darum möchte ich meinen Kindern so früh wie möglich den Umgang mit Geld beibringen… Vielen Dank für die diesen Artikel
sehr guter Artikel!
Ich habe 5 Kinder und mit allen habe ich über Geld, woher es kommt und wie man es bekommt gesprochen!
Auch das man LANG-MITTEL und KURZ fristig sparen sollte um sich in jeder Lebenslage etwas leisten zu können,
Natürlich sollte man hier auch selbst einige Bücher darüber lesen, so weiss man was man spricht!
wirklich super geschrieben!
es ist so wichtig mit Kindern über Geld zu sprechen und wie damit umzugehen ist!
Sehr interessantes Thema.. Werde bald bei meinen Sohn mit dem Taschengeld beginnen.
Super vielen Dank für die Tipps