Ein großer Fehler von vielen Finanzprofis ist es, davon auszugehen, dass Menschen sich immer nur nach ihrem Verstand richten. Oder noch schlimmer: durchblicken zu lassen, dass sie es tun sollten…
Deshalb steht unsereins so gerne mit erhobenem Zeigefinger vor der Kundschaft und doziert, erklärt und belehrt.
Denn als vermeintlich Überlegener, als Wissender wird der sogenannte Profi schnell ungeduldig. Denn es ist doch ganz logisch, wir erwarten schließlich irgendwie alle, für einleuchtende Wahrheiten – wie z. Bsp. „Du sollst nicht Rauchen!“ oder „Du solltest Dich um deine Altersvorsorge kümmern!“ von allen Seiten lauten Zuspruch zu erhalten.
„Jaja!“
Ihr wisst doch alle, was „Jaja“ heißt?
Jaja heißt das Gleiche wie „Laß uns Freunde bleiben.“ oder „Es war nett mit Dir!“
Genau.
Wir wissen alle, was wir – vernünftigerweise – tun oder lassen sollten.
Wir sollten Sport treiben, Geld sparen, treu sein, uns gesund ernähren, niemals rauchen, wenig trinken undundund. Wir wissen es – und tun es trotzdem. Oder eben nicht. Egal, ob es einsehbar, logisch und durch und durch vernünftig ist. Und warum?
Weil wir alle Kaninchen sind.
Habt Ihr mal Kaninchen beobachtet?
Kaninchen sind so „unvernünftig“, dass sie nur in drei möglichen Varianten reagieren können: mit Flucht, Totstellen oder Angriff.
(Wer das mit dem Angriff nicht glaubt, soll sich mal die Narben auf meinen Händen anschauen! Die haben mir unsere drei Kaninchen zugefügt, als ich ihnen Futter ins Gehege legte. Wie doof muss man eigentlich sein, um die Hand anzugreifen, die einem frischen Bio-Löwenzahn in den Napf füllt?)
Wir sind zwar bedeutend intelligenter und verstandesgezähmt – aber genauso kleinhirngesteuert wie jedes andere Tier.
Wir reagieren auf uns unbekannte oder beängstigende Situationen ungefiltert und spontan:
wie bei den Kaninchen, bewertet unser Stammhirn alles Neue vorsichtshalber als Angriff.
Und so handeln wir in solchen Situationen vollkommen unwillkürlich: gemäß des Befehls unseres Stammhirns mit Flucht, Gegenangriff oder Totstellen.
Ein Praxisbeispiel:
Ihr kennt doch bestimmt alle Menschen – vor allem Kinder! -, die es furchtbar lustig finden, andere zu erschrecken?
Manchmal geht das gut – bis sie an den Falschen geraten und ihnen eine unwillkürliche Gegenreaktion eine furchtbare Schreierei oder sogar eine spontane Ohrfeige eingbringt.
Denn Herzklopfen, Zurückschrecken und akute Panik sind verstandesmäßig nicht beeinflussbare Reaktionen.
Und jetzt kommt die Neuigkeit für alle Besser-Wisser, Erzieher, eifersüchtige Ehepartner und Panikverkäufer:
Alle „Du musst!“ und „Du sollst!“- Aussagen sind solche Angriffe.
Wir schlagen zwar niemanden, der uns erzählt, dass wir mit dem Rauchen aufhören sollen, aber wir werden entweder böse (Angriff), ignorieren es (Totstellen) oder wir gehen raus, rauchen (Flucht).
Ebenso reagieren wir, wenn uns jemand damit panisch macht, dass wir uns HEUTE einschränken sollen, um uns MORGEN nicht einschränken zu müssen. An dieser Aussage erschreckt uns jedes einzelne Wort:
Heute = Wie? Jetzt SOFORT? = Angriff.
Morgen = Das große Ungewisse (lebe ich da noch?) = Angriff.
Einschränken = Riesengroßer Angriff!
Diese Erkenntnis macht mir vieles leichter.
Denn ich verstehe, warum wir tun, was wir tun. Wir laufen weg weil wir nicht anders können.
Wir laufen weg, weil uns alles erschreckt, was wir tun sollen – denn SOLLEN kommt nicht aus uns selbst heraus. Unser Kleinhirn wirft das Notfall-Reaktionsprogramm nämlich nur auf äußere Reize hin an.
Die Lösung liegt in uns selbst
Reift dagegen in uns selbst ein Bild davon heran, wie wir leben WOLLEN, – sei es im Alter, in der Ehe oder in unserem Beruf – so ist es unsere eigene Entscheidung, uns dafür anzustrengen.
Nur so können wir logische und verstandesmäßige Entscheidungen treffen und unser Hasenhirn austricksen.
(Übrigens: Meine Trauer hielt sich in Grenzen, als der Fuchs sich unsere Kaninchen holte.
Ein lecker gegrilltes „Conejo“ gehört heute zu meinen Leibgerichten…)
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