Der erhobene Zeigefinger der Intellekthoheit
Die F.A.Z. (und alle anderen Medien) nehmen sich immer mal wieder des Themas „Finanzbildung“ an, manche Artikel beginnen ganz unten, manche aber auch zu weit oben: z. Bsp. ist mir das Ross, auf dem der Finanzfachmann Dennis Kremer sitzt, deutlich zu hoch.
Er urteilt statt zu motivieren.
Obwohl ich nicht angesprochen sein kann, fühle ich mich (oder heißt es mir?) auf die Füsse getreten.
Ja, wir wissen, dass die Deutschen lieber zum Italiener gehen, als zum Verbraucherschutz.
Ja, sie beschäftigen sich ausgiebiger mit dem Kauf eines neuen Fernsehers (Handys, Autos…), als sich um ihre Finanzen zu kümmern.
Und ja, wer in den diversen Pisa- und Finanzwissenstests schlecht abschneidet, könnte „zu den Schulbüchern der Kinder greifen und nochmals büffeln. Oder eben ab in die Buchhandlung und ein paar Einstiegsbücher kaufen. Und Volkshochschulen bieten auch für Erwachsene Kurse im Bruch- und Prozentrechnen an.“
Jeder kann sich die Finanzkompetenz aneignen, die notwendig ist, kluge Geldentscheidungen zu treffen.
Das wissen wir. Wir wissen auch: Finanzbildung ist in unserem Land kein Allgemeinwissen, sollte es aber sein.
Und: in heutigen Zeiten haben finanzielle Fehleinschätzungen weitaus dramatischere Folgen als früher.
So weit, so richtig.
Für Vollblut-Akademiker und Lern-Liebhaber ist es leicht, zu verordnen, die Bevölkerung möge sich doch bitte Finanzkompetenz mittels Lernen in der althergebrachten Form aneignen: Bücher raus, büffeln.
Lesen, erarbeiten, verinnerlichen.
Aber Menschen funktionieren nicht so. Schul-Lernen und Finanzthemen sind für viele Erwachsenen so negativ besetzt, dass sie lieber sehenden Auges in die Ungewissheit rennen als sich auf eine Schulbank zu setzen oder trockene Bücher zu lesen. Finanzblockaden lassen sich nicht mit Matheformeln und VHS-Kursen einreißen.
Menschen lernen anders.
Sie lernen nicht über „Du musst!“, „Du brauchst doch nur…“ und „Das ist doch ganz einfach!“.
Menschen lernen nur, wenn sie wollen.
Dieses Wollen gilt es, zu motivieren: es muss mich packen, es muss etwas mit mir zu tun haben und ich muss es in mein Leben einbauen können. Ich brauche ein Fünkchen Begeisterung, dass man entzünden kann. Nur über diese Begeisterung erzeugt man die Neugier und das Interesse (lat.: dabei-sein!), dass den Menschen dazu bringt, sich aus seinem Dunstkreis herauszubewegen.
Wir wissen es alle (außer vielleicht Herr Kremer und unsere Bildungsministerien):
wir sind nur dann gut in irgendwas, wenn es uns auch interessiert – und dazu lässt sich der Mensch nicht zwingen, sei es noch so vernünftig.
Übrigens: Mach mal mehr Sport, hör mit dem Rauchen auf und iss endlich mal gesünder! Ist doch ganz klar, dass es sinnvoll ist, also mach doch mal einfach! 😉
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