Wenn Du Dich mit Deinen Finanzen beschäftigst, ist es wichtig zwischen Finanzbildung und Finanzinformation zu unterscheiden. Denn obwohl die beiden Begriffe gern synonym verwendet werden, ist es ein Riesenunterschied, ob Du finanzinformiert oder finanzgebildet bist.

Was sind Finanzinformationen?

Finanzinformationen sind Daten und Fakten über finanzielle Instrumente, Markttrends, Aktienkurse oder Wirtschaftsnachrichten. Sie sind wie der Wetterbericht für die Wirtschaft: nützlich, um zu wissen, was gerade passiert oder bald passieren könnte. Aber so wie ein Wetterbericht Dir nicht beibringt, wie Du Dich auf einen Sturm vorbereitest, so geben Dir Finanzinformation allein nicht das Wissen und die Fähigkeiten, die Du brauchst, um kluge finanzielle Entscheidungen für Dich zu treffen.

Was ist Finanzbildung?

Finanzbildung dagegen geht tiefer. Sie umfasst das Verständnis von Finanzprinzipien, das Erlernen von Methoden zur Einschätzung von Investitionen und das Entwickeln von Fähigkeiten zum Budgetieren, Planen und Bewerten von Finanzentscheidungen, die Dein Leben bestimmen. Finanzbildung gibt Dir das Werkzeug in die Hand, um Informationen richtig zu interpretieren und anzuwenden.

Ein wahres Beispiel

Stell Dir vor, Du erhältst (vom Nachbarn, aus dem Fernsehen, whatever) die Finanzinformation: „Aktie X ist im letzten Monat um 20 % gestiegen.“ Hast Du keine Finanzbildung, könnte dies verlockend klingen, und du könntest entscheiden, in diese Aktie zu investieren, nur weil sie kürzlich gut performt hat. Aber das ist wie das Kaufen eines Regenschirms, nur weil es gestern geregt hat.

Genau das ist Mitte der 90er Jahren im ganz großen Stil passiert (die Jüngeren unter meinen Lesern werden das nicht wissen):
Damals hat ein sehr beliebter deutscher Schauspieler (Manfred Krug) im Fernsehen Werbung für die Telekom Aktie gemacht. Es war der Beginn der New-Economy-Ära und Ihr könnt Euch gar nicht vorstellen, welche Goldgräber-Stimmung im Land herrschte!
Zu dieser Zeit arbeitete ich noch in einer Volksbank und wir konnten uns des Ansturms auf Aktien – zuerst nur Telekom, dann auch auf alle anderen New-Economy-Unternehmen – kaum erwehren.
Nicht wenige Kunden haben Kredite aufgenommen, um spekulieren zu können. Haben wir die Kredite abgelehnt oder mit Engelszungen darüber gesprochen, wie Aktien funktionieren und wie hoch das Risiko ist, so wurden manche Leute richtiggehend pampig: „Wenn Ihr das nicht macht, dann gehe ich eben zur Sparkasse!“ (dort war es genauso, denen wurde dann mit uns gedroht).

Es kam natürlich, wie es kommen musste:
Die Dot-Com-Blase platzte im Jahr 2000, die Telekom (und alles andere) rauschte massiv in den Keller und die Menschen verloren ihr Geld. Viel Geld.

Damals dachte ich, die Menschen wären irgendwie doof.

Wie konnten sich die Leute bloß auf solche Risiken einlassen? Obwohl ich (und viele andere) ihnen alles an Information zur Verfügung gestellt hatten, als dass sie hätten wissen können – nein, wissen müssen! -, dass sie Mist bauen? Mein Mitleid für das Elend, dass aus diesen Fehlentscheidungen heraus erwachsen war, hielt sich in Grenzen: Wer sich sehenden Auges in sein Unglück stürzt, braucht hinterher auch nicht zu jammern, dachte ich.

Naja, ich war noch jung und (offensichtlich) ziemlich arrogant. Erst später sollte mir klar werden, dass die Leute beileibe nicht dumm, sondern nur Finanz-ungebildet waren. Sie konnten aufgrund der ihnen vorliegenden Informationen und im Kontext ihrer eigenen Finanzsituation gar keine bessere Entscheidung für sich treffen: Aus ihrer Warte heraus taten sie das einzig Richtige.
Wären sie finanzgebildet gewesen, so wäre ihnen das nicht passiert. Sie hätten die ihnen gegebenen Informationen ganz anders bewerten können und wären vielleicht nicht mit all ihrem Ersparten (und noch mehr!) in ein einziges Investment gegangen. Sie hätten vielleicht nur einen Teil ihres Geldes in der New-Economy investiert, wären auch mal zur rechten Zeit mit Gewinn ausgestiegen und hätten all die Regeln, die sich aus einem finanzgebildetem Umgang mit Geld ergeben, von selbst befolgt.

(Falls sich Dir übrigens beim Lesen dieser Zeilen eine Analogie zum heutigen Bitcoin- und Kryptowährungs-Hype aufdrängen sollte, so ist das durchaus beabsichtigt.)

Besser zu wenig Information als zu wenig Bildung

Finanzinformation ohne die darunterliegende Bildung verleitet gern zu falschen Entscheidungen: Reine Information setzt nämlich voraus, dass Du den Kontext und die Bedeutung der Daten und Fakten bereits verstanden hast und sie einsortieren und bewerten kannst. (Ohne dieses Verständnis sind Finanzentscheidungen eigentlich nur zufällig oder durch Erziehung / durch Befolgung einiger (sinnvoller) Glaubenssätze richtig.)
Finanzbildung ohne Information dagegen funktioniert trotzdem:
Nämlich darin, die Situation zu bewerten und überhaupt festzustellen, dass Du eben nicht alle notwendigen Informationen hast – und daher die Finger von einer vermeintlich tollen Gelegenheit lassen solltest.  Alles ist besser, als einen Kredit aufzunehmen und mit dem geliehenen Geld eine zum Fallen verurteilte Aktie (oder Bitcoin) zu kaufen…

Finanzbildung rüstet Dich also mit kritischem Denken und einem tieferen Verständnis aus  – und damit kannst Du die zur Verfügung stehenden Informationen tiefer analysieren: Warum ist die Aktie / der Kreditzins / der Anleihekurs gestiegen? Ist die Veränderung von Dauer? Und vor allem: Passt diese Investition /Finanzentscheidung zu meinem persönlichen finanziellen Plan?

Auf den Punkt gebracht sind Finanzinformationen also das Benzin für Dein Auto – notwendig, um voranzukommen. Aber ohne das Lenkrad der Finanzbildung bringt Dich auch eine unbegrenzte Menge an Benzin nicht dorthin, wo du hin möchtest (oder sogar in die entgegengesetzte Richtung).