Als Vera mich fragte, ob ich bei ihrer Blogparade zum Thema „Kein Herzfeuer ohne Asche“ mitmache, habe ich spontan zugesagt. Ja, klar!
Wie wichtig ist es doch in unserer immer präsenten sozialmedial überfrachteten Zeit der schnellen Millionenerfolge und Glanzabziehbildchen, auch mal auf die andere Seite des Unternehmertums hinzuweisen. Wie wichtig ist es, zu zeigen, dass Scheitern – in Teilen oder auch im Ganzen – dazu gehört. Dass auch bei den über Nacht Erfolgreichen der Erfolg keineswegs über Nacht und schon gar nicht ohne Blut, Schweiß und Tränen kam.

Aller Anfang ist schwer – aber wie ist es denn auf die lange Distanz?

Immerhin hatte ich selbst lange genug gebraucht, um aus dem bei mir besonders kargen Tal der Gründungszeit hinaus auf eine Anhöhe des „Ja, damit kann ich (über)leben!“ zu kommen. Ich hätte also einfach einen bereits geschriebenen Artikel dazu wiederbeleben können.
Als ich schon drauf und dran war, das auch zu tun, kam ich ins überlegen: Dass aller Anfang hart ist, ist ja nun nichts Neues.

Aber wie ist es denn, wenn dir das Feuer unterwegs ausgeht? Wenn du mittendrin die Kraft verlierst, für deine Sache zu kämpfen? Wenn du plötzlich (wieder) zweifelst, ob der Weg, den du eingeschlagen hast, auch wirklich der Richtige ist?
Auch das gehört zum Unternehmer-Sein dazu. Und auch das verbirgt ungeahnte Tiefen – und Höhen.
Ich will Dir berichten:

Eine Vollbremsung auf der Überholspur

Mitte 2019, die Sonne scheint, die Welt ist schön, ich schreibe gerade die allerletzten Zeilen meines Buches „Rente ohne Roulette – Wie Du Deine Altersvorsorge nicht aufs Spiel setzt“ und fühle mich gut. Geradezu triumphal – endlich ist das große Projekt fertig! Endlich wird es wieder etwas ruhiger werden und ich kann die anderen Arbeitssachen, die ich die ganze Schreibzeit über nur unter großem Druck erledigt habe, wieder in Ruhe angehen.

Am Abend weist mich meine Familie darauf hin, das mein Gesicht komisch aussieht… irgendwie schief.

Es folgt die ganz große Diagnostik, bei der Symptomatik „schiefes Gesicht“ ist die Angst sehr groß (und sehr begründet), dass es ein Schlaganfall sein könnte. Zum Glück war es das nicht, es war nur eine – gar nicht mal so selten vorkommende – halbseitige Gesichtslähmung mit ungeklärter Herkunft. So erleichtert wir auch waren, dass es nur eine Lähmung ist, so eindringlich waren die Warnungen der Ärzte: „Frau Weiß, Ihnen ist schon klar, dass das ein ernster Warnschuß ist? Das nächste Mal kann es wirklich ein Schlaganfall sein!“
Sie behandelten mich mit hochdosiertem Cortison und hebelten mich damit völlig aus: Cortison macht die merkwürdigsten Nebenwirkungen.

Ob jetzt rein medikamentös verursacht oder sowieso schon an der Zeit: In mir drin legte sich ein Schalter um.
Von 220 km/h auf der Überholspur zu völligem Stillstand innerhalb 12 Stunden.
Ich konnte förmlich fühlen, wie ich in einem Tunnel mit zu weiten Wänden hinunter rutschte, ohne mich irgendwo festhalten zu können. Ein widerliches Gefühl und nur noch ein einziger Gedanke:
„So, ab hier geht es nicht mehr weiter!“

Schlechte Zeiten gehören zum Business dazu.

Ob man es jetzt Burnout, Depression oder Midlife Crisis nennt, die Folge war ein völliger Arbeitsausfall.
Wer schon mal die Bekanntschaft mit einer Erkrankung dieser Art gemacht hat, weiß, dass plötzlich alles in Frage steht. Das, wofür ich über 10 Jahre lang gebrannt hatte, war immer noch wichtig und richtig – aber war ich es, der es ab hier noch weiter voran treiben sollte?
Die Finanzbildung ist mittlerweile in aller Munde, es gibt junge, technikaffine, hell lodernde Flammen am Finanzaufklärungshimmel – soll ich den Stab einfach weiter reichen?

Unstrittig war: So, wie es vorher war, konnte es nicht mehr werden. Es geht kein Weg mehr zurück.

Das erste Mal in meinem (Unternehmer)Leben erlaub(t)e ich mir, diese Herausforderung nicht anzunehmen, mich nicht durchzukämpfen, das Ziel nicht über den Weg zu stellen.
Denn es ist egal, aus welchem Grund ich ausgebremst wurde – ob ich langsam alt werde, ob ich vielleicht zu sehr gebrannt habe (und an beiden Enden), ob ich über der mir gestellten Kopfaufgabe die Verbindung zu meinem Körper verloren habe, warumauchimmer – der Preis, den ich für das „Da musst Du durch!“ diesmal zu zahlen hätte, ist mir zu hoch.
Immerhin helfe ich der Finanzbildung auch nicht weiter, wenn ich ein Pflegefall bin – und an posthumen Ruhm ist mir noch viel weniger gelegen. 😉

Und hier kommt jetzt die große Klammer vom Herzensfeuer über das Unternehmerdasein bis zur Finanzbildung:
Auch wenn Du unternehmerisch gut unterwegs bist, für Dein Business brennst und versuchst, die Balance zwischen Work und Life zu finden und zu halten, schlechte Zeiten gehören zum Business dazu.
Egal, ob sie von außen oder von innen kommen – sie werden kommen.

Die Kunst ist nicht, ihnen zu entgehen. Die Kunst ist es, gewappnet zu sein.

Natürlich war meine Entscheidung, mir nach dieser Attacke einen guten Parkplatz zu suchen und aus dem Rennen auszusteigen, vielleicht sogar lebensrettend – trotzdem ist und bleibt es eine unternehmerische Katastrophe.
Für einen Solo-Selbständigen ohne Sicherheitsnetz und gegenbenfalls eine gute und ausreichend hohe Berufsunfähigkeitsversicherung kann es zudem noch den privaten finanziellen Ruin bedeuten.

Gewappnet hatte ich mein Unternehmen mit Profit First – einem Mehr-Konten-System, dass Dir erlaubt, in guten Zeiten ausreichend Reserven für schlechte Zeiten aufzubauen. Krank sein muss man sich – erstrecht als Selbständiger! – leisten können, oder du gehst unter.
Es macht dann immer noch keinen Spaß und es wenn es zu lange dauert, gehst Du trotzdem in die Knie, aber es nimmt zumindest für die erste Zeit den Druck raus:
Ich glaube, wir müssen nicht darüber reden, dass Existenzangst nicht zur Genesung irgendeiner Krankheit beiträgt.

Der zweite Schutzschild ist eine gute BU oder ein ausreichend großes Privatvermögen in der Hinterhand. Falls es eine heilbare Krankheit ist, verschafft Dir beides ebenfals Zeit, in Ruhe gesund zu werden – falls du nicht gesund wirst, musst Du Dein Business sowieso auf- oder weitergeben.

Und so bin ich gottsdankbar dafür, mir erlauben zu können, noch immer reduziert und ausgesucht zu arbeiten. Ich bin nicht gezwungen, auf Teufel komm raus jeden Auftrag anzunehmen – welche Erleichterung, welch Luxus!
Ich überlege mir ganz in Ruhe, welche Teile meines Businesses ich wie weitermachen werde.
Was ich schon genau weiß, ist, dass es ein zweites Buch geben wird, hier fühle ich schon wieder ein kleines Fläckerchen auflodern, ich kann nicht anders.

Das beruhigt mich sehr, denn es ist ein Zeichen dafür, dass ich mir zwar ganz schön das Fell verbrannt habe, dass aber wohl keine bleibenden Schäden übrig bleiben.
Wie schön, ich bleibe der Finanzbildung (und allem, was an ihr dranhängt) dann wohl erhalten! 🙂

Meine größte Aufgabe – auch im Business – ist es jetzt, endlich Geduld zu lernen – nicht nur mit der Welt, sondern auch mit mir. Es dauert eben seine Zeit, bis die Asche eines großen Feuers kalt genug ist, damit darauf wieder etwas Neues wachsen kann.