Der neueste geistige Erguß zu unser aller Wohl kommt aus dem Oberstübchen unserer verehrten Bundesarbeitsministerin (wieso kümmert die sich eigentlich um das Thema?) Ursula von der Leyen: alle Selbständigen unter 30 sollen verpflichtet werden, in die gesetzliche Rente einzuzahlen oder eine Riester – bzw. Rürupversorgung abzuschließen.
Und nicht nur, dass diese Versorgung offensichtlich über einen wie auch immer gearteten unrentablen Versicherungsweg erfolgen muss, nein, in der Höhe legt Frau von der Leyen die jugendlichen Leistungsträger auch noch fest: die Versicherung muss so dimensioniert sein, dass eine Zusatzrente erreicht wird, die oberhalb der Grundsicherung im Alter liegt. Diese staatliche Leistung beläuft sich derzeit im Durchschnitt auf knapp 700,- Euro im Monat.
Lustigerweise beziffert nämlich das Ministerium die dafür nötigen Beiträge bei 45(!) Einzahlungsjahren auf 250 bis 300 Euro monatlich plus 100 Euro für eine Absicherung gegen Erwerbsminderung.
Lasst uns doch mal rechnen: ein Sparvertrag über 45 Jahre hinweg mit einer Durchschnittsverzinsung von 5% und einem Beitrag von 300,- € ergäbe eine stolze Summe von 587.979,- €. Das wiederrum ausgezahlt mit 700,- € monatlich (und 0 % Guthabenzins!) ergäbe eine Rentenlaufzeit von 70 – in Worten siebzig – Jahren! Wow, da bekommt das Wort „Alter“ in Altersarmut eine ganz andere Bedeutung…
Rechnen wir das ganze nochmal, und zwar nun mit der angedachten Versicherungslösungen: 300.- € Beitrag, 20% Kosten, 1,75% Guthabenverzinsung. Super. Das ergibt nämlich eine Summe von 196.240,- € – und genügt dann 24 Jahre lang. Tolle Wurst.
Warum sollte irgendein betriebwirtschaftlich denkender Mensch sich dazu zwingen lassen wollen? Warum dürfen Selbständige nicht selbst und ständig nach ihrem eigenen Gutdünken für ihr Alter vorsorgen? Warum soll das unbedingt über eine Versicherung geschehen? Der Lobby ist das natürlich Wasser auf die Mühle, die gesetzliche Rentenversicherung wehrt sich verständlicherweise auch nicht gegen den zu erwartenden Beitragssegen – und Frau vdL richtet sich bequem unter ihrem Heiligenschein ein.
Diese Idee ist blanker Unsinn. In jeder Hinsicht. Ein Existenzgründer ist – von wenigen Ausnahmen mal ganz abgesehen – in den ersten 3 bis 5 Jahren überhaupt nicht in der Lage, läppische 350,- Euro im Monat für seine AV aufzuwenden. Immerhin soll er ja auch noch 100,- € für die Erwerbsminderung aufbringen und sich krankenversichern – der momentane Beitrag für Selbständige mit einem Einkommen von rd. 1900,-€ liegt hier übrigens bei satten 340,-€. Also beläuft sich allein die Zwangsversorgung schon mal auf knappe 800,-€, und es gibt ja schließlich noch weitere Versicherungen und die Kleinigkeit der Lebenshaltungskosten. Wenn also ein Unternehmer netto so viel verdient, dass er sich einen solchen Sparbeitrag leisten kann, dann möge man seinem unternehmerischen Geist auch bitte so viel Vertrauen schenken, als dass er sicher selbst auf die Idee kommt, steuerliche Vorteile zu nutzen und auch ansonsten für seine Ruhezeit vorzusorgen. Es braucht sicher keine staatlich bezahlte Politikerseele, die uns erzählt, wie wir Geld verdienen und schon garnicht, wie wir es anlegen.
Denn Altersvorsorge heißt doch für jeden etwas anderes. Die Freiheit eines Unternehmers besteht doch gerade darin, sich auszusuchen, wie er investieren möchte. Was ist, wenn der Unternehmer nun viel lieber Immobilien zur Alterssicherung erwerben will? Oder wenn er seine Firma verkaufen möchte und aus dem Erlös nach Mallorca ziehen möchte? Natürlich könnte er auch Beteiligungen erwerben, sich vom Nachfolger eine Betriebsrente zahlen lassen usw.
Selbstverständlich gibt es – so wie es eben immer auch schwarze Schafe gibt – auch Selbständige, die keine AV betreiben, die lieber heute gut leben als an Morgen denken möchten. Bei einem Prozentsatz von 10% Selbständigen in der deutschen berufstätigen Bevölkerung wage ich aber die These, dass dies ein verschwindend geringer Anteil derjenigen sein wird, die in ein paar Jahren in das riesige Faß mit der Aufschrift „Altersarmut“ geworfen werden.
Siehe meinen Kommentar bei Facebook zum „legalen Betrug“ mit Lebensversicherungen.
Gepostet wurde dieser Artikel von Marc Flint und von mir entsprechend kommentiert.
Und für nicht-fb-user hier der Originalkommentar: ich habe 20 Jahre für diese Industrie erfolgreich ( für mich und die Industrie erfolgreich….) gearbeitet. Sorry für meine Wortwahl: zum Kotzen! Leider muss man zugeben, dass die derzeitige Situation in Bezug auf die Altersversorgung generell und bei den Selbständigen insbesondere, apokalyptisch ist. Handeln ist zwingend notwendig! Nur unsere Regierung kann auf die Idee kommen so etwas wieder zugunsten der Lobbyisten mit Lösungen zu regeln, die nach höchstrichterlicher Rechtssprechung schon seit mehr als 20 Jahren “ legaler Betrug“ ( Lebens-, Rentenversicherungen) sind!!:-(((
Meine Konsequenzen habe ich gezogen und 2004 “ die Seite gewechselt) . Das macht Spaß und befriedigt ungemein,wenn man die Großkapitalisten ärgern und „dem kleinen Manne“ helfen kann. Wir können die Systemkrise ( unsere Hauptschullehrer, Sorry Politiker nennen das ja Finanzkrise….) nicht verhindern, wohl aber die Spielregeln verstehen, das Spiel mitspielen und nach dem Reset besser da stehen als vorher! In diesem Sinne Attack(e)!!!!
Da sich aufgrund des Artikels mehrere Diskussionen aufgetan haben, möchte ich Euch einige Antworten aus fb und XING nicht vorenthalten:
B.S. (fb) : Ich finde die Tendenzen in diesem Land zu Zwangsverordnungen großer Art ehrlich gesagt zum K… Was nicht heißt, den Sinn der Altersvorsorge in Frage zu stellen. Dennoch stelle ich mir die Frage, wo der freiheitliche Gedanke in diesem Land bleibt? Die Politiker sind durch Bürger gewählt, und ich glaube es ist an der Zeit, dass der Bürger der Politik aktiv zeigt, was er von Zwangsmaßnahmen hält. Sie widersprechen m.E. der feriheitlichen Demokratie.
S.F.K. (fb): Ist doch richtig! Viele Selbständige ohne Vorsorge werden sonst vom Steuerzahler getragen werden müssen. Das hat doch nichts mit Lobbyismus zu tun sondern vielmehr mit Weitsicht gegenüber dem Haushalt.
Wenn es um gefürchteten Lobbyismus geht, dann soll – meine Güte – ein gesetzliches Modell geschaffen werden.
R.B. (fb): ….diese Zwangseingliederung ist ja gar nicht so falsch gedacht. wer reich ist, wird vorsorgen, das ist klar. stellt sich aber nun die Frage wer finanziert selbstständige mit einem geringeren Verdienst. Viele Selbstständige arbeiten unter Minimum von Harz4. Da wird es dann so kommen, das diese sich Zuschüsse holen müssen, die dann im Endeffekt der Staat bezahlen muss. Absicherung für das Alter ist nun einmal eine wichtige Angelegenheit, über die auch nicht hinweg gesehen werden darf.
A.P. (fb):Logisch wäre es aus meiner Sicht wenn alle den gleichen Anteil ihres Einkommens in die KV und RV einzahlen würden. Dies müßte dann so bemessen sein, dass jeder davon im Alter auch leben kann, also über Sozialhilfe Niveau, wer mehr einzahlt uß natürlich auch mehr bekommen. Wer im Alter mehr haben will kann ja zusätzliche AV in welcher Form auch im betreiben. In der KV ist die Grundversorgung abgesichert, Luxus kann jeder privat versichern.
R.E. (fb):Unsere Rentenkasse ist durch Fremdleistungen ruiniert worden. Dann passt das Generationenmodell nicht mehr. Die Rentenkasse war ja auch nie eine Versicherung mit entsprechenden Rücklagen. Eine saubere Lösung wäre eine Pflichtabgabe von x% auf jeden verdienten Euro, egal wie verdient ob durch Arbeit, Unternehmertum oder Kapitalerträge und daraus dann eine einheitliche Grundrente zu zahlen. Dann hätten wir wieder die Solidarleistung.Wer dann mehr will (Luxus) muss dann Privat zusätzlich vorsorgen.
Diese Pflicht zur Krankenversicherung und jetzt zur Rentenversicherung wird viele kleine Selbständige in den Konkurs treiben.
J.F. (fb): Schöne Kommentare und zum teil sehr Weltfremd. 1. Fall: Ein Mann aus der Vers.branche sorgte nicht vor, denn er dachte er verkauft seinen Bestand wenn er aufhört, leider kam ihm eine Änderung im Gesetz zuvor. Aktuell GRV: 220- mtl.(stammte noch von einem Angestelltenjob. Er hat auch eine Immobilie zur Vorsorge gekauft. Problem, keiner will eine Wohnung im 3 Stock ohne Fahrstuhl. Warum sind LV so schlecht, weil fast keiner mehr die Jahre durchhält, es kommen die Sachwertverkäufer und machen sie platt, es kommen strukis und machen sie platt, es kommen Vertreter und machen sie platt, weil ihre LV besser ist. Und jetzt kommt die Gier…5% sind zu wenig, es müssen 10, nein 20 und sogar 40% sein und wenn alles weg ist, dann wundert man sich. Ist die gesetzl. Rente wirklich schlecht, bitte daran denken, Selbständige zahlen nicht ein, erhalten aber ihre Kur trotzdem von der GRV bezahlt. Und zu meinen lieben Vertreter der Inflation, bitte erst mal schlau machen wann Inflation entsteht und vor jeder Inflation kommt die große und lange Deflation, hier könne Menschen mit Geldwerten dann sehr gute Vorsorge treffen, denn die Immobilienpreise fallen bis auf Null (Beispiel Immo für 200.000,- kann man dann für ca. 10-20.tsd kaufen. Die Deflation ist die Gefahr, nicht die Inflation oder gar eine Hyperinflation.
Die Bundesarbeitsministerin hat 3.000.000 Freelancer erfasst und das mal 400,00 hochgerechnet mit einem für sie erfreulichem Ergebnis. Da zeigt sich, dass sie keine Ahnung von der Realität hat.
Freelancer sind allgemeinen hohen Einkommensschwankungen unterworfen. Nun kommt zur verpflichtenden KV auch eine überdimensonierte RV dazu. Schon die KV ist gegenüber Festangestellten proportional sehr hoch, da sie sich nicht am Einkommen ausrichtet, sondern nach willkürlich Bemessungsgrenzen.800,00 Euro Sozialleistungen pro Monat dürfte dann die Regel werden. Das bedeutet für sehr viele Gründer aber als selbstständige Einzelunternehmer das AUS.
Offenbar unterliegt Frau von der Leyen dem Aberglauben vieler, dass Selbstständigkeit die Freiheit hat bei freier Zeiteinteilung überwiegend zu Hause unbegrenzt Geld zu verdienen.
Das gesamte Sozialsystem gehört überarbeitet. Wäre es steuerfinanziert, würde jeder entsprechend seinem Einkommen dazu beitragen. Jeder hätte die Möglichkeit je nach Einkommenslage diese Grundrente durch Zusatzbeiträge zu verbessern.
Hallo, vielleicht kennt sich jemand mit einer gut beratenden Stelle aus, oder eben schon mit einer sich formierenden Protestbewegung, etc.
Für mich wird bald gelten, als freiberuflicher Dozent in die GRV einzahlen zu müssen, und zwar zwischen 250-300 Euro mtl. Nach im Moment noch Schätzungen wird das meine frühere, durch nichtselbständige Arbeit erworbene Rente zum Zeitpunkt ihrer Auszahlung um 60-80 Euro mtl. erhöhen. Eine 23jährige Zeit der Einzahlung in die GRV lässt leicht erkennen, worum es bei der Versicherungspflicht in Wirklichkeit geht. Gibt es hier Klagemöglichkeit im Sinne der Sittenwidrigkeit/ Beitragsgerechtigkeit etc.? Freue mich auf Antworten!
Vielleicht löst sich ja alles in Wohlgefallen auf: https://www.ftd.de/politik/deutschland/:alterssicherung-fuer-selbststaendige-zwangsrente-droht-das-aus/70075884.html#utm_source=rss2&utm_medium=rss_feed&utm_campaign=/politik/deutschland
🙂
Toller Beitrag. Und eine spannende Diskussion. Speziell die Rechenbeispiele zeigen das hier ganz einfach versucht wird den Versicherungen mehr Kunden zukommen zu Lassen. Nach einem neutralen Vorschlag der im Interesse der Bürger ist klingt das für mich nicht.