Schlaglicht am Mittwoch*: Woher weiss man, wann / ob Forward-Darlehen Sinn machen?
Finanzierungen fürs Eigenheim – auch Hypotheken- oder Immobiliendarlehen genannt – sind in der Regel sehr langfristig ausgelegt.
Es ist normal, dass Du 25 oder 30 Jahre an Deinem Haus abbezahlst, der Kreditvertrag aber weit kürzer läuft: Da die Bank ja nicht weiß, wie sich die Zinsen in der Zukunft entwickeln, schließt sie mit Dir die Zinsvereinbarung meistens nur auf 10, manchmal auch auf 15 Jahre ab.
Nach dieser Zeit unterbreitet sie Dir dann einen neues Angebot mit dem dann gültigen Zinssatz:
Sind die Zinsen in der Zwischenzeit gefallen, so kannst Du Dich freuen, denn Du zahlst bei gleichbleibender Rate trotzdem schneller zurück.
Sind sie dagegen gestiegen, so hast Du die A****-Karte gezogen:
Deine Tilgung (also das wirkliche Verringern deiner Schulden) geht deutlich langsamer voran. Wenn Du ganz besonders viel Pech hast, steigt sogar die Kreditrate noch an, ohne dass Du früher schuldenfrei bist.
Sicherheitsleine mit Weitblick
Banken haben daher die sogenannte Forward („Vorwärts“)-Vereinbarung erfunden: Mit einem solchen Vertrag vereinbart ihr bereits lange vor dem Zinsablauf den Zinssatz, der im Anschluß gültig sein wird.
Selbstverständlich macht die Bank das nicht aus reiner Menschengüte, sondern sie schlägt damit zwei Fliegen mit einer Klappe:
1tens hat sie so bereits die Sicherheit, dass Du nach dem Zinsablauf nicht auf die Idee kommst, mit Deiner Finanzierung zu einer anderen Bank zu wechseln.
2tens weiß sie schon auf Heller und Pfennig genau, welchen Zinsertrag sie mit genau Deinem Kredit erzielen wird und wie viel Geld sie dafür wiederum langfristig als Einlage von anderen Kunden hereinnehmen kann.
Selbstverständlich hast Du auch deine Vorteile dabei:
Auch Du hast Planungssicherheit und es kann Dir auf längere Sicht ziemlich egal sein, wie sich die Zinsen entwickeln.
Der Knackpunkt an der Sache ist:
Mit jedem Monat, den Du deine Finanzierung frühzeitiger festschreibst, rechnet die Bank einen Aufschlag auf die heute gültigen Zinssätze.
Ist Dein Kredit also erst in fünf Jahren fällig, so wird geschaut, wie der Kreditstand in 5 Jahren sein wird und wie der Zinssatz wäre, wenn die 5 Jahre heute schon vorbei wären.
Und dann schlägt sie ihre „Risikoprämie“ auf: Pro Monat gut und gerne 0,025%.
In diesem Fall wären das also gut 1,5% Aufschlag auf die jetzt guten Konditionen, auf die Du dich festnageln lässt – obwohl du nicht weißt, wie lange die Niedrigzinsphase noch anhalten wird.
Falls diese Phase nämlich noch 5 Jahre dauern sollte, hängst Du schon wieder in einem hohen Zinssatz fest und hast schon wieder keine Möglichkeit, kostengünstig aus der Sache rauszukommen.
Übrigens: Umso günstiger/weiter im Voraus die Forward-Konditionen für Dich sind – umso weniger rechnet die Bank mit einer Zinswende. Wenn also die Bank überhaupt ein Angebot über Konditionsverlängerungen in 3, 4, oder sogar 5 (regulär sind 2!) Jahren macht, spricht das Bände.
[bctt tweet=“Umso günstiger der #Forward, umso weniger rechnet die #Bank mit einer Zinswende.“ username=“geldwert_anette“]
Fazit: Besser selber Rechnen und Beobachten
Mach das, was die Bank macht, doch einfach selbst:
Nimm Dir das Forward-Angebot Deiner Bank und frage nach, mit wie viel Aufschlag sie pro Monat rechnen. Solange die Zinsen sich nicht großartig bewegen, kannst Du dann einfach den Aufschlag reduzieren und weißt immer, wo Du in etwa stehst.
Bewegen sich die Zinsen insgesamt wirklich nach oben, so werden sie nicht von heute 1,7% auf morgen 4,8% steigen. Sowas geht immer schrittweise und relativ langsam.
Behalte die Zinsentwicklung im Auge, rechne jeweils Deinen derzeitigen Aufschlag und warte ab.
Es ist erst Zeit, ernsthaft über eine Forward-Vereinbarung nachzudenken, wenn die Zinswende tatsächlich eingesetzt hat: Du wirst in jedem Fall genug Zeit haben, zu reagieren und nicht nur der Bank das Geschäft zu überlassen.
P.S.: Alternativ ist es natürlich viel genauer, wenn Du Dir Deine Finanzierung in Geld – also in Raten, Summen und Kosten – statt in Prozenten und Zinsen rechnest. So kannst Du dir genau ausrechnen, bis wohin der Zinssatz steigen darf, ohne dass es Sinn macht, einen Forward abzuschließen – oder ob es es vielleicht auch eine Idee wäre, einen Bausparvertrag als Zinssicherungsinstrument zu benutzen?
Wenn Du lernen möchtest, wie Du solche Dinge ohne großen Aufwand schnell selbst berechnest, empfehle ich das Kapitel „Eigenheimfinanzierung“ in der finanzbildung online.
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