Zusammenfassung Riester
Für die, die sich noch nicht mit der Systematik dieser Art Vorsorge vertraut gemacht haben, hier eine extrem kurze Zusammenfassung:
Ziel ist es, dem deutschen Bürger die erwartet zu niedrige Rente aufzubessern.
Da alle Bemühungen, die Menschen zu privater Vorsorge zu bewegen, nicht gefruchtet haben, fördert das (leere) Staatssäckel das private Sparen und setzt diesen wenigen zu erfüllende Mindeststandards für die Produktgeber und die Sparer fest:
Der (egal wie wenig) verdienende Haushalt soll insgesamt – inkl. Förderung- 4% seines sozialversicherungspflichtigen Jahreseinkommens jedes Jahr selbst zur Seite legen.
Schlimmstenfalls kommt bei Erreichen des Rentenalters genau diese Summe als Kapitalsumme zurück, die aber nicht auf einmal ausgegeben werden kann, sondern als lebenslange Rente bezogen werden muss.
Dafür bekommt der Sparer jährlich seine Zulage (154,-, ab 2018 175,- € und 185,-/300,- für jedes Kind) in den Vertrag eingezahlt und zusätzlich verzichtet der Staat auf Lohn- und Einkommenssteuer auf die einzuzahlenden Summen bis zum Renteneintritt sowie auf eventuelle Kapitalertragssteuern innerhalb des Produkts.
Deshalb ist die spätere Rente selbst dann aber ganz normal mit Abgaben belastet, die Rendite für den Sparer liegt also in dem zwischenzeitlich hoffentlich erwirtschafteten Zinseszinsgewinn.
Wird damit früh genug begonnen (und klugerweise noch ein sinnvolles Produkt ausgewählt), so ist eine recht ansehnliche Aufstockung der gesetzlichen Rente zu erwarten.
Auch Empfängern von Sozialleistungen und Menschen, die noch nie einen müden Euro an Steuern gezahlt haben, wird diese Förderung gewährt – mit der einzigen Voraussetzung, dass sie ihren eigenen guten Willen und ihre Einsicht zur Vorsorge beweisen indem sie 60,- € (im Jahr!) aus dem eigenen schmalen Geldbeutel zahlen.
Und dann schauen wir doch …
Dann kommen Verbraucherschützer, selbsternannte Rechenkünstler und opportunistische Politiker und schauen dem geschenkten Gaul ins Maul.
Zeigt mir eine einzige Geldanlage in Deutschland, die vollkommen risikolos – selbst bei hoher Gebührenbelastung der (zu recht kritisierten) Versicherungen – im Schnitt eine solche Rendite erwirtschaftet!
Es mag Konstruktionen und Konstellation geben, bei dem es für den Einzelnen nicht (oder nicht mehr) sinnvoll ist, sich für ein Riesterprodukt zu entscheiden – hier ist natürlich auch die Beratungs- und Fachkompetenz des Produktverkäufers gefragt – aus diesen eher wenigen Fällen aber in der Gesamtsicht ein Negativurteil über die gesamte Produktgattung zu fällen, halte ich für sehr fahrlässig.
Denn Fakt ist, das auch eine schlechte Riesterversicherung renditetechnisch immer noch um Längen besser ist als die gleiche schlechte Versicherung ohne die staatliche Förderung – dazu braucht man nicht einmal einen Taschenrechner zu bemühen.
[bctt tweet=“Selbst eine suboptimale zusätzliche Altersversorgung ist besser als keine zusätzliche Altersversorgung. #Riester “ via=“no“]
Das Problem bei Riester ist nicht die Systematik der Vorsorge, sondern die fehlende Gebührenregulierung für die Produktgeber!
Natürlich gibt es Verbesserungsbedarf – aber so lange keiner eine bessere Idee hat und diese auch noch sinnvoll umzusetzen weiß, solange sollte die Kritik doch an diesem Punkt ansetzen und sich nicht darauf versteigen, Riester als solches schlecht zu machen.
Lies auch die Interviews mit verschiedenen Finanzgrößen anlässlich 15 Jahren Riesterrente hier -> https://www.riester-rente.net/15-jahre-riester-rente/
Edit 2018: Auch die Anrechenbarkeit auf die Grundsicherung ist ab 2018 endlich gedeckelt, siehe hier die Information des Bundesfinanzministeriums.
„Viele Menschen, die befürchten, im Rentenalter vielleicht auf Grundsicherung im Alter angewiesen zu sein, haben die Sorge, dass sich Altersvorsorge für sie nicht lohnen könnte. Durch die Schaffung eines neuen Freibetrags in der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung werden Riester-Renten zukünftig bei der Berechnung der Grundsicherungsleistungen nicht mehr voll angerechnet. Es wird ein Grundfreibetrag in Höhe von 100 Euro monatlich für die Bezieher dieser Leistungen gewährt. Ist die Riester-Rente höher als 100 Euro, ist der übersteigende Betrag zu 30% anrechnungsfrei. Auf diese Weise können bis zu 202 Euro anrechnungsfrei gestellt werden. Die Deckelung greift immer dann, wenn der zu gewährende Freibetrag diesen Betrag übersteigt.“ (Quelle: Bundesfinanzministerium).
Guten Tag Frau Weiß,
ich stelle innerhalb von Beratungen immer wieder fest, dass die Riester-Rente eben nicht funktioniert.
Grund hierfür sind weniger die Kostenstrukturen der Produkte. Vielmehr ist es eine Mischung aus massiver nachgelagerter Besteuerung (Grenzbesteuerung) und nachteiliger Rentenfaktoren (Verhältnis: Gebildetes Kapital zu Rente), die zumindest den Neuabschluss unattraktiv erscheinen lässt.
Zu diesem Ergebnis komme ich mit Hilfe einer einfachen Gegenüberstellung:
Riester-Rente (Brutto-Auszahlung) zu Riester-Rente (Netto-Auszahlung)
Riester-Rente (Brutto-Beitrag) zu Riester-Rente (Netto-Beitrag)
Wenn nun mit identischem Netto-Beitrag eine höhere Netto-Auszahlung erzielt werden kann, spricht dies in meinen Augen gegen eine Riester-Rente. Diese Berechnung berücksichtigt sowohl etwaige Zulagen- und Steuerrückerstattungsansprüche. Nicht selten liegt der Break-Even-Point, ab dem ein Verbraucher vom Abschluss der Riester-Rente profitiert, hinter dem 98. Lebensjahr.
Ein weiteres Argument, welches für mich gegen den Abschluss einer Riester-Rente spricht, ist die Kapitalbindung. Sie ist aus finanzplanerischer Sicht dann kritisch, wenn sie Kreditaufnahmen begünstigt. Um diese Facette ausklammern zu können, müsste ein Verbraucher vor dem Abschluss einer Riester-Rente über etliche Jahre bis hin zu Jahrzehnten planen können.
Wie stehen Sie dazu?
Viele Grüße
Adrian Englschalk
Guten Tag, Herr Englschalk,
die momentan (auch im Hinblick auf den anstehenden Wahlkampf) wieder so beliebte Kritik an Riester hat einen großen Haken: Sie bespricht und behandelt immer nur Riester-Versicherungsprodukte (wie auch in ihrem Vergleich) – und schüttet damit sozusagen das gesamte Riester-Kind mit dem Bade aus. Auch hier fehlt leider wieder die eigentlich so notwendige Trennung zwischen „Geldanlage“ und „Versicherung“ – und der größte Fehler wird somit schon beim Verkauf/Einkauf des Produkts gemacht.
Ich stehe dazu und bleibe dabei:
Riester funktioniert ganz phantastisch. Es muss nur die richtige Art Riesterprodukt (ob Bank, Fonds, Versicherung, Bausparer) aus den richtigen Beweggründen, basierend auf dem ausreichenden Wissenfundament für die richtigen Verbraucher sein. Nicht das Werkzeug ist falsch, es wird nur wieder einmal falsch angewendet.
Und was die Planung betrifft:
Ja, Riester ist doch nicht dazu gedacht, flexibel zu sein. Riester kümmert sich um eine einzige Tatsache: Wenn wir nicht vor der Zeit sterben, werden wir alt. Und wenn wir alt werden, hat die nicht alternativ vorsorgende (nicht vorsorgen könnende) Bevölkerung mit der gRv definitiv zuwenig Rente. Der Anspruch ist einzig und allein, diese Tatsache zu mildern und abzufangen – und diese Aufgabe kann das Werkzeug „Riester“ durchaus leisten.
Freundliche Grüße schickt Ihnen
Anette Weiß
Guten Tag Frau Weiß,
Ihnen ist vermutlich bewusst, dass Ihr Standpunkt international anerkannten Standards (DIN ISO 22222) widerspricht. Die getrennte Betrachtung von Altersvorsorge und der Vermögens-/Verbindlichkeiten-Seite kann in erhebliche Vermögensschäden münden. Ich gehe daher davon aus, dass Sie in einem speziellen Kundenklientel arbeiten.
Die Kommentierung eines Versicherungsprodukts war meinerseits sehr wohlwollend gewählt. Diese Produktklasse schneidet bei entsprechender Restlaufzeit und in direkter Gegenüberstellung (Riester-Produkt zu Alternativ-Produkt) mit weitem Abstand am besten ab. Der Vergleich zwischen Riester-Fondssparplan und einem direkten Investment verlangt dem Otto-Normal-Verbraucher, ohne Anspruch auf mehrere Kinderzulagen, ein bedeutend höhere Lebenserwartung als die ins Feld geführten 98 Jahre ab.
Einen Punkt den ich so nicht gelten lassen kann, ist Ihre Schlussbemerkung. Hier unterstellen Sie der gesamten Verbraucherschaft, dass ohne ein solches Riester-Produkt kein Sparwille bestehe. Dann muss dem Verbraucher die Wichtigkeit der Altersvorsorge in unzureichendem Maße beigebracht worden sein oder die an die Hand gegebene Strategie zu wenig gangbar und nachvollziehbar sein. Das darf einem guten Berater nicht passieren.
Ich stelle weiterhin in Frage, ob ein Verbraucher ein Riester-Produkt bereitwillig nachfragt, was seinen Vorteil erst deutlich oberhalb der durchschnittlichen Lebenserwartung ausspielt. Selbstverständlich besteht das Restrisiko einer hohen Lebenserwartung – ob ein Verbraucher 98 Jahre und mehr werden möchte, um zu den Profiteuren zu zählen, muss er selbst entscheiden.
Viele Grüße
Adrian Englschalk
Hallo Herr Englschalk,
meine Kunden sind tatsächlich sehr speziell. 🙂
So wie ich davon ausgehe, dass Sie in Ihrer Arbeit wissen, was Sie tun und was Sie verantworten können, so dürfen Sie auch gerne davon ausgehen, dass ich meine Arbeit verstehe.
Es ist eine ziemlich unangenehme Angewohnheit von Finanzfachleuten, sich untereinander immer wieder erzählen zu wollen, dass der andere weniger kompetent als man selber ist…
so wird das nie was mit dem ehrlichen Netzwerken und einer neuen vertrauenswürdigen Außendarstellung der Branche.
Mit welcher Schlussbemerkung unterstelle ich der gesamten Verbraucherschaft mangelnden Spar-Willen? Da weiß ich gerade wenig mit anzufangen, diese Diskussion müssen Sie mit sich selbst führen, nicht mit mir.
Ich lade Sie gerne ein, einen meiner Workshops zu besuchen – hier vermittle ich den Teilnehmern das Know-How, mit denen sie für sich selbst fundiert beurteilen können, ob zu Bsp. Riester zu ihnen passt oder auch nicht.
Die beste Altersvorsorge ist nämlich die, die der Kunde/Verbraucher selbst – wissend und bewusst – in die Hand nimmt.
Viele Grüße schickt
Anette
PS: Ich stelle gern eine solche steuerliche Gegenüberstellung zur Verfügung.
Guten Tag Frau Weiß,
Ihr Satz zur Riesterrente gefällt mir gut, und klar ist jede Form der Vorsorge besser als keine Altersvorsorge getroffen zu haben. Auch haben Sie hinsichtlich der Produktformen und Kosten recht. Ergänzen möchte ich noch, dass die Riesterrente keine zusätzliche Wohltat des Staates zur Förderung der Altersvorsorge ist noch war, sondern vielmehr durch die Rentenreform 2001 eine Absenkung des gesetzlichen Rentenniveaus beschlossen wurde, und zur quasi „Kompensation“ die geförderte private Altersvorsorge in Form von Riester eingeführt wurde. Ein guter Deal für den Staat, nimmt er doch knapp 36,19 Mio aktiven Rentenversicherungszahlern Bund etwas weg und bietet freiwillig den heute knapp 16,5 Millionen Riestersparern eine Kompensation. Wer nicht riestert, nimmt die Rentenkürzung in Kauf. „Böse“ wer hier denkt es steckt Kalkül dahinter.
@Herr Englschalk: Eine abschließende Beurteilung (steuerlich und in Gänze) lässt sich, nur bei Kenntnis der gesamten Ruhestandssituation steuerlich und sozialabgabentechnisch, inklusive aller Einkunftsarten für einen Verbraucher beurteilen. Insbesondere unter Berücksichtigung der Ein- und Auszahlungsphase. Klar steht Riester dann nicht immer zwingend an Stelle 1.
Mit freundlichem Gruß,
André Perko
Vielen Dank für Ihren wertvollen Kommentar, Herr Perko! 🙂
Selbstverständlich ist Riester ein Kompensationswerkzeug – aber es ist ja nicht so, dass der gemachte „Deal“ nichts mit uns als Gesamtheit zu tun hätte: Die Rentenreform war ja keine Willkür irgendeiner uns zum Selbstzweck ausnutzenden Macht (demzufolge Riester natürlich auch keine wohlmeinende Gnade), sondern wir haben uns das als Volkswirtschaft, Gesellschaft und Wahlvolk ja schon alles selbst eingebrockt… 😉
Liebe Grüße schickt
Anette
Guten Tag Herr Perko,
vollkommen richtig! Die betrachtung einer steuerlich relevanten Altersvorsorge macht die Auseinandersetzung mit heutiger und späterer Einkommenssituation unabdingbar.
Viele Grüße
Adrian Englschalk