Die – zwar vorerst abgelehnte – Zwangsabgabe eines Prozentsatzes X von zypriotischer Sparkonten verunsichert ganz Euroland. Ist ein solcher Eingriff in das Privatportemonnaie der Sparer überhaupt rechtens? Wenn es in Zypern passiert, kann es auch in Italien oder Griechenland geschehen? Oder etwa hier – in unserer sicheren Insel der Merkelgarantie? Und überhaupt, wenn es denn schon so weit kommen kann, was ist dieser Euro denn noch wert?
Sollten wir nicht lieber unsere Rettung in der Flucht suchen und dieses ganze Euro-Projekt endlich beenden? Zurück zur D-Mark. Oder hin zum Elite-Euro, nur die Besten kommen rein?
Natürlich ist es für jeden einzelnen eine persönliche Katastrophe, einen Prozentsatz seines Vermögens ohne Einwilligung und Auftrag vom Konto abgebucht zu bekommen. Echte Enteignung. Eigentlich Diebstahl. Fast schon Vergewaltigung. Auf jeden Fall: völliges Ausgeliefertsein.
Immerhin hat man dieses Geld erarbeitet und zurückgelegt. Man hat im Zweifelsfall sogar schon mal Steuern dafür bezahlt.
Und was ist mit denen, die nichts zurückgelegt haben? Die, die nichts abgeben müssen – und, wenn am Ende der Zweck der Zwangsabe erreicht und das Land gerettet ist, trotzdem Nutznießer des Erfolges sein werden? Unser Gerchtigkeitsempfinden schlägt laut Alarm.
Und trotzdem. So aufregend diese Forderung nach der Zwangsabgabe auch sein mag, so überfällig ist sie auch. Es wird Zeit, dass uns Eurobürgern klar wird, wie ernst die Situation wirklich ist. Und auch, dass das, was geschieht, sehr wohl unserer Verantwortung obliegt. Denn es ist einfach, sich zu empören. Ja, wir zahlen für die Fehlplanungen der Vergangenheit. Ja, wir haben die Planung nicht selbst gemacht – aber wir haben die gewählt, die sie gemacht haben. Wir haben die Strassen befahren, die Steuerschlupflöcher gesucht, die Annehmlichkeiten ausgenutzt. Zypern hat nicht heute erst bemerkt, dass russische Bürger und Firmen Grundbesitz gekauft und Gelder gelagert haben. Korruption war – und ist – ein lukratives, fast halblegales Geschäft.
Unsere Tochter schrieb in der zweiten Klasse eine Erdkundearbeit, die in unserer Familie für grosse Erheiterung sorgte: sie sollte in einer leeren Deutschand-Karte die Bundesländer beschriften. Das ging bei 15 Bundesländern gut – bis sie an Hessen kam. Zu unserer Freude prangte dort in grossen Lettern „Zypern“. So falsch die geographische Einordnung sein mag, so richtig ist sie für uns als Eurobürger. Es wird Zeit, zu realisieren, dass es vollkommen egal ist, wo Zypern liegt. Denn es gehört zu uns. Wir haben das so beschlossen als wir ein vereintes Wirtschaftseuropa gegründet haben. Und deshalb ist es sinnvoll, zu sagen, „Wir helfen Euch, wenn ihr auch selbst etwas dazu beitragt!“ Und wenn es am Ende so aussieht, dass alle Töpfe leer und alle Möglichkeiten ausgeschöpft sind, dann ist es im Sinne einer (hoffentlich) sicheren Zukunft legtim, auch unpopuläre Gedanken zu denken und vormals undenkbare Schritte zu gehen.
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