Oder: Warum Finanzbildung kein Tiefenstudium sein muss.
Montag ist ja mein Lieblingstag. Jede Woche hat am Anfang die Chance, eine geniale Woche zu werden, deshalb habe ich es mir schon seit langem abgewöhnt, dem Wochenende hinterherzutrauern. Stattdessen heiße ich den Montag mit Freuden willkommen – wer meinem Privatprofil auf Facebook folgt, weiß das recht gut.

Diesen Montag kam alles ganz anders

Um zu erklären, warum es ausgerechnet ein Staubsaugerbeutel schafft, mich in Rage zu bringen, muss ich ein wenig ausholen: Wir haben viele Tiere, viele Haare und viel Staub. Und ich bin keine begnadete Hausfrau – um genau zu sein, bin ich sogar eine ziemlich schlechte Hausfrau. Das macht mir aber nichts, ich kann ja nicht in allem gut sein.

Wie auch immer, ich kümmere mich nicht sehr intensiv um solche Dinge wie Staubsauger, Rasenmäher, Fensterputzsachen oder so. Wir beschäftigen uns bei Anschaffung des Geräts kurz damit, ob es halbwegs idiotensicher zu bedienen ist, sitzen meist der Mär von Markennamen auf (ist ja schließlich auch ein Qualitätsversprechen, nein?) und dann ist auch schon gut.

Der Staubsauger kam auch auf diese Art in unser Haus – wer macht sich schon Gedanken über die blöden Staubsaugerbeutel, die man später braucht? Geht man in den Laden und kauft man halt nach.
Vor ein paar Wochen also kaufte der Göttergatte Staubsaugerbeutel nach, ihr wisst schon, die günstigen von Swirl die es in jedem Baumarkt gibt. Dummerweise erwischte er die falschen, statt R 36 eben R 39 (die einen standen auf dem Platz der anderen – das Regal ist groß, alle Packungen sehen gleich aus, kann ja mal passieren).

Naja, da wir es dann irgendwie aus den Augen verloren hatten und es uns immer nur beim staubsaugen einfiel – haben wir eben den alten Beutel immer wieder von Hand leer gepopelt, damit wir nicht aufgehalten sind. Nicht schön, aber es hilft ja nichts.

Letzte Woche dann – endlich!: Wir sind gleichzeitig mit unserer Erinnerung  im Baumarkt, juhuu, lass uns gleich 2 Packungen Staubsaugerbeutel kaufen!
Pustekuchen.
Alle Beutel sind da – nur R 36 nicht.
Wir sind aber jetzt angefixt, egal wie, die Dinger müssen jetzt her. Also in den nächsten Supermarkt und in den nächsten Baumarkt – Mist! – haben denn alle Saarländer den gleichen Staubsauger?

Dann halt online

Wenn ich vor Ort also nicht bekomme, was ich will – muss es eben online sein. Und weil ich es jetzt besonders gut meine, bestelle ich die Original-Beutel. (Ja, sowas mache ich manchmal. Ich tanke manchmal auch normales Super statt E10, weil ich meinem Auto einen Gefallen tun will.)
Montag also, staubsaugen. Mit den neuen Luxus-Staubsaugerbeuteln.
Die nicht passen.
Nicht vorwärts. Nicht rückwärts. Nicht mit Gewalt – und ohne geht der Staubsauger nicht zu. Nach 35 Minuten habe ich sie irgendwie drin, aber der Sauger zieht nicht, er macht nur phhhht. Das kann ich auch selber, sauber wird es davon aber auch nicht.

Jetzt bin ich sauer. Richtig stinkig. So stinkig, dass ich überreagiere und jetzt!, sofort! einen neuen – beutellosen Staubsauger bestellen werde. Online. Weil ich nicht nochmal durch die Gegend fahre wegen dem Ding. Und weil es jetzt! sein soll.

Ich bin nicht immer so ein Fixfeuerhölzchen, aber wenn ich das Gefühl habe, meine Zeit zu verschwenden und noch dazu kein gutes Ergebnis erziele, kann das schon mal passieren. Hey, es geht hier nicht um eine Altersvorsorge oder um eine Existenzsicherung, es geht nur um Staub und Sauberkeit – da ist meine Geduldsleine recht kurz, da habe ich keine Lust drauf. (Habe ich schon mal erwähnt, dass ich keine begnadete Hausfrau bin?)

Also: beutellose Staubsauger gesucht. 3 Stunden lang. Erfolglos.
Weil: Der eine kostet 350, der andere 69,- Euro – trotzdem beide 4,5 Sterne. Einer ist zu schwer, der andere hat einen zu kurzen Schlauch, wieder einer lässt sich schlecht saubermachen, der nächste kommt erst in 3 Wochen, hat kein Zubehör, saugt sich fest, ist schlecht verarbeitet, lässt sich nicht gut ziehen, zieht sich zu gut und fährt Dir in die Hacken,…und so weiter und so weiter. Das kann ja wohl alles nicht wahr sein!

Mittlerweile hat der Göttergatte per Ferndiagnose festgestellt, dass ich bei der Bezeichnung der Originalbeutel ein 4A übersehen habe. Zwischen all den vielen Worten, die meinen Staubsauger genau benennen, habe ich ein 4A übersehen. Na super. (Ich bekomme das erste mal ganz kurz das Gefühl, dass das so ähnlich wie bei den Tarifbezeichnungen von Versicherungen ist… RV BuZ KV Option SuperGarant 125 und RV BuZ NVG Option SuperGarant 125 sieht auch verdammt ähnlich aus, unterscheidet sich aber doch massiv im Innenleben.)
Er hat jetzt einfach R 36 bestellt, kommen übermorgen.

Pepper, unser neuer Herzenshund. Nein, es ist kein Schwarzbärwelpe, es ist ein Großspitz. 😉

Da der Tag jetzt schon halb vorbei und ich gründlich vergrätzt bin, beschließe ich, mit Pepper (wer Pepper noch nicht kennt: Das ist unser neues Hundemädchen, welches mich zukünftig auch in der Finanzbildung begleiten wird) in den Wald zu gehen – an sinnvolles arbeiten ist sowieso nicht mehr zu denken.

Die Erkenntnis

Im Wald kann ich dann wenigstens wieder etwas runterfahren und plötzlich fällt es mir wie Schuppen von den Augen: Oh Mann, so wie es mir mit dem blöden Staubsauger geht, so geht es unglaublich vielen Leuten mit ihren Finanzen! So wie ich einfach nur ein sauberes Haus will und es mir egal ist, welcher Staubsauger es sauber macht, so wollen die meisten Leute einfach nur eine ordentliche Rente, egal welche Mittel geeignet sind, ihnen diese Versorgung zu bescheren.
Es geht nicht um das Produkt – es geht immer nur um das Ergebnis.

Und genau, wie ich ich überhaupt keine Lust habe, einen Lehrgang in „Wie finde ich den richtigen Staubsauger(beutel)?“ zu absolvieren, so glauben viele, „Finanzbildung“ wäre ein Tiefenstudium in Staubsaugerkunde. Das ist natürlich Quatsch. Und es ist sehr schade. Und es hat ganz andere Konsequenzen.

Aber: Ich verstehe es. Es ist nicht jedermanns Sache, sich intensiv mit Rentenversicherungen, Fonds, Staatsanleihen und lauter solchen Sachen herumzuschlagen. Ehrlich gesagt, muss man das auch nicht.

Du musst nicht in die tiefsten Tiefen des Finanzprodukt-Universums eintauchen, um gute Geldentscheidungen zu treffen.
Es langt, wenn Du die wirklich wichtigen und richtigen Dinge weißt, nämlich, wie man grundsätzlich einen Haushalt nach seinen eigenen Vorstellungen sauberhält. Genau, wie wir alle wissen, dass auch ein Besen den Staub zusammenbringt und eine Kehrschaufel ihn entsorgt, es mit einem Staubsauger aber deutlich besser geht.

Dein Job als Finanzgebildeter ist es, zu wissen, wo Du im Leben hinwillst, wie Du das in (Geld-) Zahlen ausdrücken kannst und welche Mittel grundsätzlich für Dich geeignet sind. Dein Job ist es, zu wissen, dass es Staubsauger gibt, nicht, wie genau sie im Inneren funktionieren.

Natürlich kannst Du dann weitergehen:
Die Entscheidung, ob es ein beutel- oder ein beutelloser Staubsauger sein soll, ist auch noch ganz gut ohne Hilfe zu treffen, wenn Du die grundsätzlichen Vor- und Nachteile kennst.

Welcher beutellose Saubsauger es dann aber ganz genau sein soll, ist dann schon eine andere Hausnummer.
Ab hier musst Du Dich entscheiden, ob und wie tief Du Dich in die Materie einarbeiten willst (den Teufel werd ich tun!) oder Du fragst beim Fachhandel nach. (Meine Wahl, wenn es irgendwann doch einen neuen Staubsauger gibt. Die zwei Packungen halten ja jetzt mal ne Weile…).

Als Finanzgebildeter hast Du jederzeit die Wahl, noch tiefer einzusteigen oder eine Fachkraft zu engagieren. Du kannst so lange weitermachen, bis Du ein 4A nicht mehr übersiehst oder bis Du genau weißt, wie ein Swap funktioniert – aber es steckt kein Muss dahinter. Wissen musst Du nur, wie sauber Dein Haushalt sein soll. Wie wohl Du Dich darin fühlen willst. Welchen Preis (in Arbeit und in Geld) Du dafür zahlen willst, welche Hilfsmittel dafür in Frage kommen und wie das Endergebnis sein soll.
Und dann kannst Du gut entscheiden, ob und mit welchen Gerätschaften Du alleine putzt, Dir die Arbeit mit einer Putzhilfe teilst oder Dir eine/n Haushälter/in anschaffst.