Immer häufiger werde ich gefragt, wieso denn diese Griechenland – Schuldengeschichte so gefährlich ist und warum bitteschön ausgerechnet Frau Merkel und Monsieur Sarkozy dabei die Zügel in der Hand halten?
Immerhin sind es doch 17 Staaten, die kernstimmberechtigt die EU bilden?

Die Antwort ist wie immer einfach und furchtbar kompliziert zugleich:
weil alles zusammenhängt!

Rauswerfen ist nicht

Ein „Rauswurf“ der Griechen hätte den Euro schwach dastehen lassen, so etwas gibt ein vollkommen falsches Signal an die anderen Mitgliedsstaaten und macht uns angreifbar – denn ein Rauswurf ist vertraglich überhaupt nicht vorgesehen und daher rechtlich garnicht durchsetzbar.
Das Vertrauen der anderen Weltwirtschaften in den Euro hätte ebenfalls massiv gelitten und hätte sofort den Verkauf der EFSF-Schuldtitel erschwert und verteuert (Euroland zahlt schließlich Zinsen für das geliehene Geld!) – wir können die Dinger ja schließlich nicht alle selber kaufen! Somit sind wir auf Geschäfte mit China, USA, Japan und anderen angewiesen und können uns keine Patzer diesbezüglich leisten.

Wenn Griechenland uns allerdings aus eigenem Antrieb verlassen hätte, so hätten wir uns die Hände in unschuldigem Wasser waschen können, denn WIR wären ja schließlich nicht an dem – dann unvermeidlichen! – Ruin der Griechen schuld gewesen.
Natürlich hätten wir keinen Cent unserer Transfer – und Hilfsleistungen mehr zurückerhalten – aber sei’s drum, ein bisserl Schwund ist immer…

Darin sehe ich auch den Grund, warum Papandreou aus den eigenen Reihen heraus gezwungen wurde, das Referendum zurückzuziehen. Das Risiko, dass die Griechen aus lauter Wut tatsächlich für ein Verlassen des Euros gestimmt hätten, war einfach zu groß.

Die zwei Mächtigen

Und warum haben Merkel und Sarkozy das Sagen, wo holen die zwei soviel Macht her?
Deutschland und Frankreich sind die größten Wirtschaftsmächte in der EU und haben noch dazu ein Triple A Rating – sie sind also trotz allem noch sehr gesund. Es gibt natürlich noch weitaus gesündere Wirtschaften – die sind aber einfach zu winzig oder aber politisch ein zu kleines Licht. Natürlich darf Luxembourg mitreden – aber Macht kann es nicht ausüben.
Und mal im Ernst: Wo wollen wir in Europa denn stehen? Irgendwo in der Schlange oder lieber ganz vorne?
Wer aber vorne stehen will, muß sich auch einbringen, muß sich aus dem Fenster lehnen, muß sich positionieren.

Unser Land ist flächenmäßig auf der großen Weltkarte ein Mückenschiß an der Wand:

Wir zeichnen uns nicht durch großartige Rohstoffvorkommen aus, unser berühmter Dichter-und Denkergeist ist deutlich erlahmt und unsere Produktivität ist ziemlich ausgereizt. Grossere Wachstumsraten (> 3%) sind von unserer Volkswirtschaft nicht mehr zu erwarten. Wir sind durchindustrialisiert, überbürokratisiert und erfindungslahm.
Noch dazu ist unsere gerontologische Gesellschaft deutlich, gegenüber den aufstrebenden Schwellenländern, im Nachteil.

Der Euro = unsere Chance?!

In Indien zum Beispiel sind über 60% der Bevölkerung unter 25 Jahre alt!
Diese Abermillionen Menschen kommen aus bedeutend niedrigeren Standards als wir und sind bereit, sich halbtot zu arbeiten/studieren, um dahin zu kommen, wo wir schon lange sind.

Wir dagegen sind so satt, verwöhnt und müde, dass wir es als Selbstverständlichkeit ansehen, dass hier niemand verhungert, keiner ohne ärztliche Hilfe sein muß und jeder zumindest ein Mindestmaß an Bildung erhält! Wehe, irgendjemand will uns an den Geldbeutel!

Der Euro war das Beste, was uns passieren konnte.

Wir haben bisher schon deutlich mehr vom Euro profitiert als er uns gekostet hat. Und der Euro ist unsere einzige Chance, in der Weltwirtschaft weiterhin eine führende Rolle zu spielen, allein – als kleines, überaltertes Winzland, das wir nun einmal sind – haben wir nicht den Hauch einer Chance.

Und deshalb legen Merkozy (für Frankreich gelten nämlich in etwa die gleichen Parameter) sich so ins Zeug, deshalb vernachlässigen sie ihre innenpolitischen Aufgaben, setzen sich rücksichtlos durch und nehmen auch Kollateralschäden in Kauf – Euroland muß diese Kinderkrankheiten und Pubertätszickereien in den Griff bekommen, wenn wir uns nicht irgendwann am Ende der Schlange wiederfinden wollen.