Honorarberatung mag im Einzelfall Sinn machen, einen Trend sehe ich allerdings nicht, auch wenn ihn die Betroffenen gerne sehen würden.
Dr. Hansjörg Leichsenring, 21.11.2011 im Social Banking 2.0
Es liegt in der Natur des Menschen, Dinge, die ihm Angst machen, klein zu reden und zu ignorieren. Dass gestandene Banker die Honorarberatung nicht als Trend sehen wollen, passt recht gut dazu.
Honorarberatung nervt Banken
Das muss man ja auch verstehen:
Die Honorarberatung als solches – in all ihren verschiedenen Ausprägungen – steht dem banküblichen göttergleichen Selbstverständnis übel im Weg.
Aus der Sicht vieler enttäuschter Bankkunden ist die Honorarberatung aber so etwas wie der Streifen am Horizont.
Sie bietet, was Banken versprechen und nicht halten, ja, nicht halten können:
- Kundenorientierung
- sich ernst genommen und verstanden fühlen (ohne im Hinterkopf befürchten zu müssen, dass nur eine Vertriebsmasche gefahren wird)
- attraktive Preise/Konditionen
Und noch tragischer, sie bietet noch viel mehr:
- familiäre Atmosphäre
- Aufklärung ohne rosa Betriebsbrille
- komplett unabhängige Beratung
Fair und offen mit Finanzen umgehen, das ist Honorarberatung
Banken sind für die Bewältigung dieser Aufgaben überhaupt nicht geschaffen, ihre Systematik ist auch nicht dazu gedacht. Sie haben sich von ihren angestammten Geschäftsfeldern weit abgewandt (tatsächlich ist über Zinsspannen heute kaum mehr ausreichend Profit zu fahren) und haben sich ausgeknobelt, dass also die standardisierte Beratung und der Provisionsverkauf die Gewinntreiber sein müssen.
Die grösste Problematik, die die Honorarberatung tatsächlich hat, macht Herr Leichsenring sehr deutlich – sie wird nämlich nicht als das wahrgenommen, was sie eigentlich ist (und wenn, dann höchstens hinter der geschlossenen Vorstandstüre): Die einzig faire und anständige Art, mit Menschen und deren Finanzen umzugehen.
Ein „Trend“ der bleibt!
Der diesbezügliche Vorreiter, die Quirin Bank, wird mit Argusaugen beobachtet und beizeiten belächelt. Das ein oder andere Institut bemüht sich, irgendwie noch schnell den Fuß in die noch offene Tür zu stellen und bietet, noch halbherzig und wenig ausgegoren, Honorarberatung als Zusatzservice an.
Die anderen (und damit fast alle grossen Häuser) begnügen sich damit, diesen Nicht-Trend totzuschweigen und zu bagatellisieren.
Weil, so schließt er messerscharf,
nicht sein kann, was nicht sein darf.
(Christian Morgenstern)
Wäre die Honorarberatung tatsächlich so unbedeutend, gäbe es nicht immer mehr Versicherer, die spezielle Honorartarife herausbringen.
Die frappierenden Preis/Leistungsunterschiede schmälern ja nicht den Ertrag der Versicherung, sondern nur den des Vertriebskanals – also der Banken und Provisionsvermittler.
Den Versicherern ist es doch unterm Strich egal, wer ihre Produkte vertreibt, Hauptsache, der Absatz stimmt.
Wenn also sogar schon die Ratten das sinkende Schiff verlassen, könnte man meines Erachtens durchaus von einem Trend sprechen…
Banken stecken in einer umfassenden Vertrauenskrise.
Schon lange – und immer noch!
Dass darauf nur mit neuen Vertriebsmaschen und Manipulationsschulungen für die Mitarbeiter reagiert wird, zeigt, dass man in gewissen Etagen nichts verstanden hat.
Es wäre sicher hilfreich, mal in die Basis der eigenen Angestellten hineinzuhören, denn selbst hier sinkt die Unterstützung der eigenen Ziele der Banken massiv. Glauben Sie mir, ich kenne viele Banker, die sich nichts mehr wünschen, als „richtig“ beraten zu dürfen und nicht jedem Kunden die neuste Vertriebsidee des Vorstandes schmackhaft machen zu müssen!
Das Retailgeschäft wackelt, die Loyalität der Angestellten schwindet und die Kunden beginnen, zu hinterfragen und nachzurechnen… das sieht nicht gut aus für die Bankenwelt!
Wer und was ist nun Trend?
Herr Leichsenring, die Banken sind die Betroffenen! Denn sie sind diejenigen, die dem Trend hinterherlaufen.