Die Finanzbranche kämpft um gesetzliche Regelungen, Übergangsfristen, Qualifikations- und Kontrollnachweise, um Provisionszahlungen und -verbote, Bildungshoheit und Transparenz, um Aufklärung, Glaubwürdigkeit und Kundenvertrauen.
Wer sich genauer mit der Materie beschäftigt, stellt fest: unterm Strich ist es ein Kampf um die verlorene Ehre.
Es ist fast schon ein Krieg
und wir Honorarberater befinden uns mittendrin.
Es geht um nichts weniger als um die Zukunft der ganzen Beraterbranche – denn der Nachfragemarkt wird Wege finden, ohne uns auszukommen, wenn wir es nicht schaffen, neue Wege zu gehen.
Die etabliertenBeratersparten haben Angst um ihre Pfründe und jeder kabbelt sich mit Jedem:
– der Provisionsvertrieb fürchtet sich vor dem Provisionsverbot und vor zu viel Transparenz
– die Produktgeber fürchten den Staat und den Verbraucherschutz,
– die Strukturvertriebe fürchten Aufklärung und Kundenmündigkeit,
– der Verbraucherschutz fürchtet sich davor, jemand anderer könnte auch mal Recht haben,
– der Staat fürchtet sich vor dem Wähler, leeren Rentenkassen und vor der Finanzlobby
…
Es ist eben nicht mehr einfach, Geld mit dem Geld der Anderen zu verdienen.
Jeder weiß, dass es so nicht mehr weitergehen kann – und Alle sind bemüht, möglichst viel der „alten Denke“ in die hoffentlich wieder rosige Zukunft herüberzuretten.
Die rosige Zukunft könnte die Honorarberatung sein.
Aber auch die Honorarberatung kämpft.
Sie kämpft um jeden einzelnen Kunden, der erst langsam verstehen lernt, warum Finanzberatung nicht kostenlos ist, nicht kostenlos sein darf.
Sie kämpft gegen Vertriebe, die jetzt erst richtig erkannt haben, wohin der Zug fährt.
Sie kämpft gegen die ewig schwarzen Schafe, die den alten Wein nur in neue Schläuche füllen.
Sie kämpft gegeneinander, weil die eine Hälfte wegen des Honorars berät (Berufsmodell) und die andere Hälfte berät, um Honorar zu erhalten (Berufungsmodell).
Und sie kämpft um eine eindeutige Definition ihrer selbst.
Die bisherigen Definitionsversuche sind zu beliebig, zu geschäftslastig, zu geldorientiert. Alle Ehrenerklärungen, Transparenzversprechen, Gesetzestexte und Merkmalskataloge setzen am gleichen Punkt an: an der Vergütung.
Echte Honorarberatung ist aber mehr als nur ein Geschäftsmodell, sie ist ein Produkt der inneren Haltung des Beraters. Denn:
Echte Honorarberatung verkauft Eigenverantwortung
und sie gibt die Entscheidungsmacht an den Kunden zurück.
Der echte Honorarberater ist nämlich davon überzeugt, dass es sein Job ist, dem Kunden sein Wissen zu verkaufen und nicht seine Produkte.
Er will dafür bezahlt werden, dass er dem Kunden die Informationen, die Aufklärung und das Know-How vermittelt, die dieser wiederum braucht, um wissend die Produkte kaufen zu können, mit denen er seine Ziele erreicht.
Der Honorarberater ist nur der Navigator in der Finanzexpedition des Kunden, derjenige, der die Sterne benennen, die Wasserlöcher finden und die Wetterzeichen lesen kann – aber das Ziel bestimmen und hinlaufen wollen muss der Kunde schon selbst.
Außerdem und zusätzlich kann der Kunde schlussendlich die Produkte – die auch noch viel günstiger konzipiert sind – über den Berater kaufen.
Eigentlich ist das Zuviel des möglichst Guten: diese Verquickung von Beratungs- und Dienstleistung ist es, die eine sichere und eindeutige Definition der Honorarberatung so schwer macht.
Ungewollt und nicht beabsichtigt ist in dieser Verflechtung nämlich Platz, nur die eine oder die andere Hälfte der Gleichung zu betrachten:
so glauben einerseits manche Berufsberater und Vertriebsstrukturen, hier zu Hause sein zu können, ohne sich verändern zu müssen.
Andererseits darben viele Berufungsberater mehr schlecht als recht vor sich hin, weil sie über ihre betonte Abgrenzung zum Produktverkauf vergessen, dass sie ihre Beratungsleistung verkaufen müssen.
So sehr die Einen ihr Augenmerk auf die Beratung legen, so sehr suchen die anderen ihr Heil in der Produktschiene.
Auf diese Art werden wir aber keinen Krieg gewinnen. Wir sollten vielleicht aufhören, den unrettbaren Resten der verlorenen Ehre hinterherzulaufen und einen Kampf zu kämpfen, der überhaupt nicht der Unsere ist.
Wir sollten aufhören, uns als Teil der etablierten Finanzbranche zu verstehen.
Wir müssen auch selbst erst lernen, Eigenverantwortung zu übernehmen und uns eine eigene Form der Ehrbarkeit verdienen.
Die Honorarberatung braucht ein gesundes Selbstbild, eine sichere innere Haltung, einen eigenen Mind.
Es muß ein Ende gemacht werden mit dem schlechten Gewissen, welches den ehemaligen Banker auch noch in der Selbständigkeit blockiert. Schluss auch mit den großen Verkaufszahlen, über die der ehemaliger Versicherungsmakler früher seinen Erfolg definierte.
Ob Berufs- oder Berufungsberater – soll die Honorarberatung die rosige Zukunft sein, die wir uns erhoffen, so sollte vor allem Schluss damit gemacht werden, in den alten Mustern zu denken: an uns ist es nicht, die Verantwortung dafür zu übernehmen, was in der Branche in den letzten 25 Jahren schief gelaufen ist.
Es ist deren Krieg. Lasst uns einfach nicht hingehen.
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