Die Welt verändert sich, und mit ihr deine Möglichkeiten, mit deinem Geld Gutes zu tun. Immer mehr Menschen möchten nicht nur ihr Geld vermehren, sondern auch einen positiven Beitrag zur Gesellschaft und Umwelt leisten. Damit Unternehmen nicht nur auf ihren Gewinn schauen, sondern auch auf ihre Auswirkungen auf die Umwelt und die Gesellschaft. Nachhaltige Investments, die ökologische, soziale und ethische Kriterien berücksichtigen, liegen also voll im Trend.

Aber wie findest du in dem Dschungel der nachhaltigen Fonds den richtigen?

Was sind ESG-Kriterien eigentlich?

ESG ist die Abkürzung für Environmental, Social und Governance und ist die bekannteste (aber bei weitem nicht die einzige) Kategorisierung für nachhaltige Fonds. Die Abkürzung steht für:

  • Umwelt (Environmental): Hier geht es um Themen wie Klimawandel, Ressourcenverbrauch oder Umweltverschmutzung.
  • Soziales (Social): Das umfasst Arbeitsbedingungen, Menschenrechte und den Umgang mit den Mitarbeitern.
  • Governance (Unternehmensführung): Hier geht es um Transparenz, Korruptionsprävention und eine gute Unternehmensführung insgesamt.

Man unterscheidet nach den verschiedenen Artikeln der EU-Verordnung über nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungspflichten im Finanzdienstleistungssektor (SFDR):

Artikel 6 („normale“ ETFs)

Beschreibung: Fonds, die nicht explizit nachhaltige Merkmale oder Ziele verfolgen.
Nachhaltigkeit: Berücksichtigen Nachhaltigkeitsrisiken, haben aber keine spezifischen Nachhaltigkeitsziele oder -merkmale.

Artikel 8 („grüne“ ETFs)

Beschreibung: Diese Fonds fördern ökologische oder soziale Merkmale, haben jedoch kein explizites nachhaltiges Investitionsziel.
Nachhaltigkeit: Sie integrieren ESG-Kriterien in ihren Anlageprozess und berichten darüber, wie diese berücksichtigt werden.
Transparenz: Müssen offenlegen, welche Merkmale sie fördern und wie diese umgesetzt werden.

Artikel 9 („dunkelgrüne“ ETFs)

Beschreibung: Diese Fonds haben ein explizites Nachhaltigkeitsziel und sind darauf ausgerichtet, positive ökologische oder soziale Auswirkungen zu erzielen.
Nachhaltigkeit: Die höchsten Standards in Bezug auf nachhaltige Investitionen. Sie verfolgen klar definierte und messbare nachhaltige Investitionsziele.
Transparenz: Strenge Offenlegungspflichten bezüglich der Nachhaltigkeitsziele und der Fortschritte bei deren Erreichung.

Zusammengefasst

Zusammengefasst unterscheiden sich diese Kategorien in der Intensität und dem Fokus auf Nachhaltigkeit.
Artikel 6 beinhaltet keine spezifischen Nachhaltigkeitsziele.
Artikel 8 fördert bestimmte ökologische oder soziale Merkmale ohne ein spezifisches Ziel, während Artikel 9 explizit nachhaltige Investitionsziele verfolgt.
Welcher Kategorisierung der von dir ausgesuchte Fonds/ETF entspricht, kannst Du dem Factsheet / der Profilbeschreibung / den Fondsdokumenten entnehmen.

… weitere Label

Da wir im Finanzbereich ja immer unglaublich erfinderisch sind, findest du auch andere Nachhaltigkeitsbezeichnungen in den Fondsnamen, die den Investoren (also dir) die Sinnhaftigkeit der Anlage näherbringen sollen.
Da wären also noch:

  1. SRI (Socially Responsible Investing): SRI bezeichnet Investitionen, die hauptsächlich soziale und ethische Kriterien berücksichtigen. Dies kann den Ausschluss bestimmter Branchen oder Unternehmen beinhalten, die als unethisch angesehen werden.
  2. GRI (Global Reporting Initiative): GRI stellt Rahmenwerke bereit, die Unternehmen helfen, ihre Nachhaltigkeitsleistung zu messen und zu berichten. Es ist kein Label im klassischen Sinne, wird aber oft in Zusammenhang mit nachhaltigen Fonds verwendet.
  3. Impact Investing: Diese Art von Investition zielt darauf ab, neben einer finanziellen Rendite auch eine messbare positive soziale oder ökologische Wirkung zu erzielen. (Hier kommen wir der Sache schon näher…)
  4. UN PRI (United Nations Principles for Responsible Investment): Diese Prinzipien bieten einen freiwilligen Rahmen für institutionelle Investoren, um ESG-Themen in ihre Investitionspraxis einzubeziehen.
  5. Diverse Öko-Label: Einige Länder oder Organisationen vergeben spezielle Öko-Labels an Fonds, die bestimmte Umweltstandards erfüllen.
  6. Das FNG-Siegel: Das FNG-Siegel ist ein Qualitätsstandard für nachhaltige Investmentfonds im deutschsprachigen Raum. Es wird vom Forum für nachhaltige Geldanlagen vergeben und prüft unter anderem Transparenz und die Berücksichtigung von ESG-Kriterien.

Das Problem mit den Werten

Allen Nachhaltigkeitseinordnungen zum Trotz gibt es keine Qualitätsbezeichnung, auf die du dich wirklich so verlassen kannst, dass sie genau deinen Werten entspricht: Einerseits haben wir ein großes Problem mit Firmen, für die das Greenwashing neuer Bilanzsport zu sein scheint und andererseits kann jede Fondsfirma im Grunde selbst entscheiden, was sie als „nachhaltig“ anerkennt. Das führt nicht selten dazu, dass es auch Energie-Konzerne, die Atomkraftwerke betreiben, in diversen ESG-Fonds zu finden sind.

Was also für dich ein absolutes No-Go sein kann, ist es für eine Fondsgesellschaft noch lange nicht – und umgekehrt:  Eine meiner Kundinnen hat sich nach Ausbruch des Ukraine-Krieges von ihrem dunkelgrünen Welt-ETF getrennt, weil sie jetzt durchaus Wert darauf legt, auch die Verteidigung / Rüstung zu unterstützen. „Werte“ sind also immer persönliche Ansichtssache.

Machst du die Welt wirklich besser?

Neben den Unwägbarkeiten, ob du mit ESG-Fonds überhaupt bekommst, was du erwartet hast (also ob deinen Werten entsprochen wird), stellt sich auch die Frage, ob es denn der Welt überhaupt etwas bringt, wenn du dir schon die Mühe machst, sie verbessern zu wollen. So leid es mir tut, ich sage dazu: Nein.
Solange nicht alle Aktionäre gleichzeitig die „schlimmen / schlechten“ Firmen – mit heftigen Verlusten – verkaufen und damit diese Firmen in die Knie oder zumindest zum Handeln zwingen, wird es immer andere Aktionäre geben, die gerade diese Aktien kaufen und sich an ihrem Profit erfreuen. Solange ein Unternehmen gut läuft, wird es immer Investoren (und damit sind vor allem Großinvestoren wie Pensionskassen, Versicherungen, Staaten, andere Unternehmen u. ä. gemeint) geben, die die Aktien und Anleihen dieses Unternehmens kaufen werden, weil es ihnen Gewinne generiert. Denen ist es nämlich völlig egal, ob es sich hierbei um ein Unternehmen mit einem schlechten Image beim Thema Nachhaltigkeit handelt.

Ich kann dir allerdings zwei Hoffnungsschimmer für dieses Dilemma anbieten:

1. Der politische, gesellschaftliche und klimaberücksichtigende Druck auf die Unternehmen wächst (zwar nicht über die Aktien, die du eben nicht kaufst, aber von anderer Seite). Über kurz oder lang wird kein Unternehmen mehr umhinkommen, sich den neuen Gegebenheiten und Erfordernissen zu stellen. Der Klimawandel ist nicht mehr aufzuhalten – und auch die ausbeuterischste Aktiengesellschaft wird sich verändern müssen, will sie nicht untergehen.

2. Statt des undurchsichtigen „weg von“ – also dem schwierigen Ausschluss von Unternehmen aus deinem Portfolio, könntest du auch „hin zu“ investieren. Suche dir explizit Unternehmen, bzw. Impact-Fonds aus, die du mit deinem Investment gezielt unterstützt und förderst. Hier gehst du im Einzelfall natürlich ein höheres Risiko ein. Das kannst du aber steuern, indem du die Investitions-Summe eben so verträglich hältst, dass der Gesamterfolg deiner Geldanlage nicht gefährdet wird. Und du investierst ganz gezielt in die Firmen, die die persönlichen Werte vertreten, die du für am wichtigsten hältst.

Solltest du also auf ESG-Kriterien achten?

Ehrlich gesagt: Ich weiß es nicht. 

Ich bin keine Freundin davon, ein Depot nach ESG-Kriterien auszurichten. Wenn wir uns an die Wissenschaft und an Eugene Fama (Ihr wisst schon, der mit den Indizes und der Effizienz der Märkte) halten, schlägt niemand den Markt auf Dauer. Der Markt ist einfach mal so, wie der Markt ist. Er ist nicht „Der Markt, aber nur die davon, die umweltbewusst handeln.“ oder „Der Markt, aber nur die davon, die ihrer sozialen Verantwortung gerecht werden.“
Der Markt ist alles: Die Guten (Tesla) und Bösen (Tesla), die Umweltsäue (Nestlé, Monsanto/Bayer), die Suchtbolzen (Alkohol und Tabak) und sogar die Rüstungsindustrie (Rheinmetall) – sie gehören alle dazu, sie alle gemeinsam machen „den Markt“ aus.
Die Idee, mit deinem Geld „etwas Gutes“ tun zu wollen, ehrt dich, ist aber nicht zwingend vorteilhaft für deinen Anlageerfolg.
Ich habe mit meinen Kunden schon hoch ethisch orientierte Depots gebaut, genauso tiefgrüne und Impact-basierte! Wenn die Strategie insgesamt stimmt und die Kostenstruktur (Werte-Fonds sind oft teurer, weil natürlich arbeitsintensiver) im Auge behalten wurde, kann man mit der Rendite zufrieden sein.
Der größte dauerhafte Erfolg gelingt aber immer noch mit einer grundsoliden Effizienzmarktstrategie – gerne mit einer wertebasierten persönlichen Delle als Beimischung – und guter Depotpflege.

Möchtest du noch mehr über ein bestimmtes Thema erfahren? Ich freue mich auf deine Fragen!