Ich hatte ja versprochen, Dich mit auf die Reise zum nächsten Teil von „Geld & Gloria, Rendite ohne Risiko“ zu nehmen. Und ich war mächtig motiviert, voller Elan und Inspiration, dieses Buch unbedingt noch dieses Jahr fertig zu schreiben und in die Welt zu tragen.

Der Mensch plant und Gott lacht

Es ist schon Monate her, dass ich Dir erzählt habe, was so alles am Buch schreiben dran hängt und wie viel damit zu verdienen ist. Geplanterweise sollte ich jetzt mindestens am Schlusswort, wenn nicht sogar schon in der Lektoratsphase sein. Aber: ich bin nicht mal ansatzweise fertig. Das Leben – und mein eigener perfektionistischer Anspruch – sind mir in die Quere gekommen.

Wie viel ist geschafft?

Selbstverständlich war ich nicht untätig. Ungefähr 160 Buchseiten (zum Vergleich – Rente ohne Roulette hat 189 Seiten) sind bereits geschrieben: Darin erzähle ich Dir, liebem:r zukünftigen Leser:in, alles über Geldanlagen, über die Zusammenhänge von Zinsen, Renditen und Risiken, über Selbstmanagement und professionelle Finanzberatung (ihre Grenzen, Vor- und Nachteile) u.v.m.
Das ist alles Wissen, welches Du wissen musst, bevor Du Dich mit echter Geldanlage überhaupt sinnvoll und zielgerichtet beschäftigen kannst.

Was fehlt noch?

Der ganze Rest. Das Genaue: So geht es. So baut man ein ETF-Depot, so sucht man einzelne ETFs aus, so kombiniert man sie – je nach Individual-Beschaffenheit des Anlegers. Und genau da habe ich mich verrannt. Ich wollte ein Buch schreiben, mit dem jede und jeder in der Lage wäre sich sein eigenes – natürlich optimales – Depot zusammen zu stellen. Ich wollte mich selbst möglichst überflüssig machen – denn das ist dem Wesen nach das, was Finanzbildung macht. Sie macht Dich souverän und damit unabhängig vom Spezialwissen der Profis.

Die Herausforderung

Genau da bin ich stecken geblieben. Umso mehr Gedanken ich mir darüber gemacht habe, an welcher Stelle ich was erklären sollte und wie ich die vielen „wenn“ und „aber“ so verpacke, dass es diejenigen, die es betrifft, weiter bringt, aber die anderen nicht verwirrt, umso mehr habe ich mich verstrickt. Ich habe es erfolgreich geschafft, mich in in einen „Stuck“ (Coachingsprache für die Kaninchen vor der Schlange-Starre) hinein zu denken.
Zuerst habe ich mein eigenes Problem nicht verstanden – ich habe nur festgestellt, das nichts voran geht: Jeder Satz ein mühsames Ringen, kein Flow, kein Witz, keine Leichtigkeit. In dem Zustand brauche ich nicht weiterschreiben, da kommt nichts dabei raus, auf das ich stolz sein könnte. (Kenne ich schon. Einige meiner alten Blogartikel sind auch eher so …krampfig.)

Der Zeitdruck

Dazu kommt dann noch der – selbstgemachte! – Zeitdruck. Wenn ich das begehrte Ziel „Spiegelbeststeller“ erreichen will (einmal auf dieser Bestseller-Liste – und sei es nur für eine Woche – legitimiert den Verlag nämlich dazu, ein extra Aufkleberchen auf das Buch zu pappen, welcher dann wieder als Kaufanreiz dient, was wieder die Verkaufszahlen erhöht…), sollte das Buch zum Weihnachtsgeschäft draußen sein, spätestens also Mitte November. Also sollte ich spätestens Anfang Oktober fertig sein. Ergo wird es mit jedem Tag, an dem ich nicht schreibe, schlimmer.
Außerdem hatte ich doch schließlich laut und öffentlich verkündet: Das Buch kommt bald! Sicher im Herbst! Wie peinlich und unprofessionell wäre es doch, das nicht zu schaffen…?

(Die nebensächlichen Tatsachen, dass ich auch noch ein sehr aktives Bildungs- und Beratungsbusiness sowie einen 150-Mann-Verein führe, mein Vater zunehmend altersschwierig wird und ich mich aus gegebenem Anlass wieder etwas mehr um meine Gesundheit kümmere (args, 55 Jahre! Ist das zu fassen?) blende ich beim „mir selber Druck machen“ natürlich aus. Heilige Hybris, bitte hau` mich!)

F*ck me, Ego!

Vor ein paar Wochen dann dämmerte es mir langsam: Ich tue mir selbst nicht gut. Wenn ich so weiter mache, laufe ich Gefahr, (wieder) krank zu werden und ein schlechtes Buch zu schreiben. Beides will ich nicht.
Ich bin mal wieder in die Ego-Falle gelaufen, mich selbst über meine Leistung zu definieren. Und das, obwohl ich die letzten Jahre sehr hart daran gearbeitet habe, damit aufzuhören, den Wert von etwas (oder von jemandem) von seiner Leistung abhängig zu machen.
Daher stoppe ich mich. Das Buch wird fertig, wenn es fertig und – nach meinen Maßstäben – gut ist.
Das Weihnachtsgeschäft kann mir egal sein (zumal meine Freundin Dani Parthum ihr Buch (ganz anders als meine Bücher, aber sehr gut!) rechtzeitig fertig bekommen hat und ich sicher nicht in Konkurrenz mit ihr treten möchte).

Zurück zum Flow

Diese Entscheidung, loszulassen, fühlt sich noch ein wenig ungewohnt an, ich muss noch hineinwachsen. Genau so, wie meine Klienten in ihre neue finanzielle Persönlichkeit hineinwachsen müssen, wenn sie durch die Arbeit mit mir Erkenntnisse gewonnen haben und sie diese Erkenntnisse dann in ihr Leben integrieren. Es ist nicht locker-leicht, den neuen Weg zu gehen: zwischendurch schlagen auch mal wieder „alte Impulse“ durch und manchmal fühlt sich die neue Richtung gar nicht so souverän und sicher an, wie man sich das erhoffte. Und doch – und das ist das sichere Zeichen dafür, auf dem guten Weg zu sein – fühlt es sich richtig an.
Also: Ich fühle mich jetzt wieder richtig. Nicht Zweifels-frei, aber Druck-frei.
Das tut mir gut.
Und so – auch da bin ich mir sicher – kommt auch der Flow wieder. Ich werde berichten… 😀