Ich stelle meinen Kunden gerne die Frage: „Welche Zahl ist für Dich die wichtigste, wenn es um Deine Finanzen geht?“
Die Antwort kommt meistens wie aus der Pistole geschossen: „Mein Kontostand!“
Falsch.
Der Kontostand sagt Dir nur, wie viel Geld gerade jetzt auf Deinem Konto liegt. Er sagt Dir nichts darüber, ob Du finanziell auf Kurs bist, ob Du zu viel ausgibst, ob Deine Altersvorsorge reicht oder ob Du im Notfall abgesichert bist.
Wenn Du Deine Finanzen wirklich im Griff haben willst, brauchst Du andere Zahlen. Zahlen, die Dir zeigen, wo Du stehst und wohin Du gehst. Keine komplizierten Excel-Tabellen, keine Steuerberater-Mathematik – nur ein paar einfache Kennzahlen, die Dir sagen: „Alles gut“ oder „Hier musst Du handeln.“
Lass uns die sechs Wichtigsten durchgehen.
1. Deine Sparquote – Die Zahl, die Deine Zukunft bestimmt
Die Sparquote ist der Prozentsatz Deines Nettoeinkommens, den Du jeden Monat nicht ausgibst, sondern zurücklegst oder investierst.
Formel:
Sparquote = (Gespartes / Nettoeinkommen) × 100
Beispiel:
Du verdienst netto 3.000 Euro im Monat und legst 450 Euro zurück.
Sparquote = (450 / 3.000) × 100 = 15 %
Warum ist das wichtig?
Die Sparquote ist die einzige Zahl, die Dir zeigt, ob Du überhaupt in der Lage bist, Vermögen aufzubauen. Sie zeigt Dir Deine finanzielle Disziplin – und Dein Zukunftspotenzial.
Was ist eine gute Sparquote?
- Unter 10 %: Du lebst von der Hand in den Mund. Altersvorsorge? Schwierig.
- 10–15 %: Solide. Du baust langsam was auf.
- 15–20 %: Sehr gut. Du bist auf einem guten Weg.
- Über 20 %: Exzellent. Du baust ernsthaft Vermögen auf.
Aber: Eine hohe Sparquote bringt nichts, wenn Du dafür unglücklich lebst oder Dich kasteist. Es geht um Balance – nicht um Verzicht um jeden Preis.
2. Deine Notfallreserve – Die Zahl, die Dir Sicherheit gibt
Die Notfallreserve (oder Notgroschen) ist das Geld, das Du sofort verfügbar hast, wenn etwas Unvorhergesehenes passiert: Waschmaschine kaputt, Auto streikt, Job weg.
Faustregel:
Du solltest 3 bis 6 Monatsausgaben auf einem Tagesgeldkonto oder Sparbuch haben.
Beispiel:
Deine monatlichen Fixkosten (Miete, Versicherungen, Lebensmittel, etc.) liegen bei 2.000 Euro.
Notfallreserve = 2.000 × 3 bis 6 = 6.000 bis 12.000 Euro
Warum ist das wichtig?
Weil Notfälle passieren. Immer dann, wenn Du sie nicht gebrauchen kannst. Wenn Du keine Reserve hast, musst Du im schlimmsten Fall Kredite aufnehmen, Dein Depot in einer Verlustphase verkaufen oder Deine Altersvorsorge plündern. Das ist teuer und dumm.
Eine Notfallreserve gibt Dir Handlungsfähigkeit. Sie ist Dein finanzielles Sicherheitsnetz.
Wie viel solltest Du haben?
- Angestellte mit festem Job: 3 Monate reichen oft
- Selbstständige oder unsichere Jobs: 6 Monate oder mehr
- Über 50 und kurz vor der Rente: Eher mehr – eine Jobsuche könnte länger dauern…
3. Deine Schuldenquote – Die Zahl, die Dich bremst oder befreit
Die Schuldenquote zeigt, wie viel von Deinem Einkommen Du jeden Monat für Schulden (Konsum-Ratenzahlungen) ausgibst.
Formel:
Schuldenquote = (Monatliche Kreditraten / Nettoeinkommen) × 100
Beispiel:
Du verdienst netto 3.000 Euro und zahlst 600 Euro an Konsum-Kreditraten (Auto, Konsumkredit).
Schuldenquote = (600 / 3.000) × 100 = 20 %
Warum ist das wichtig?
Schulden kosten Dich nicht nur Geld (Zinsen), sie kosten Dich auch Freiheit. Jeder Euro, der in solcherart Kreditraten fließt, ist ein Euro, den Du nicht sparen, nicht investieren und nicht für Dich nutzen kannst.
Was ist eine gesunde Schuldenquote?
- 0 %: Perfekt. Du hast keine Konsumschulden.
- Unter 15 %: Noch okay, aber Du solltest sie abbauen.
- Über 30 %: Kritisch. Du bist finanziell stark eingeschränkt.
- Über 40 %: Alarmzeichen. Hier droht Überschuldung.
Wichtig: Immobilienkredite – insbesondere wenn sie für eine vermietete Immobilie sind – rechne ich hier nicht mit rein, das sind strategische Schulden, keine Konsumschulden. Aber auch die sollten natürlich gut tragbar sein.
4. Deine Rentenlücke – Die Zahl, die Du nicht ignorieren darfst
Die Rentenlücke ist die Differenz zwischen Deiner späteren Rente und dem Geld, das Du tatsächlich brauchst, um Deinen Lebensstandard zu halten.
Formel:
Rentenlücke = Gewünschtes Einkommen im Ruhestand – Erwartete Rente (netto und um die persönliche Inflation bereinigt!)
Beispiel:
Du möchtest im Ruhestand 2.000,- Euro netto (Kaufkraft heute) im Monat haben.
Deine erwartete gesetzliche Rente laut Renteninfo wird 2.100,- Euro sein, nach 15 % Abzügen (netto) also 1.785,- Euro.
Inflationsbereinigt (3,2 % persönliche Inflation) und gesteigert (um 1,5 % jährlich), auf 10 Jahre gerechnet sind wir bei 1.512,- Euro.
Rentenlücke = 2.000 – 1.512,- = 488,- Euro pro Monat
Warum ist das wichtig?
Weil die gesetzliche Rente nur in den seltensten Fällen ausreichen wird, den gewohnten Lebensstandard zu erhalten.
(Ich kann tatsächlich an einer Hand abzählen, wie viele Kunden ich habe, bei denen es in etwa aufgeht – und das sind ein paar Glückliche, die bereits seit einigen Jahren in Rente sind und daher noch von den früheren, weit höheren Rentenniveaus (sowie der großen Witwenrenten) profitieren konnten. Die Baby-Boomer-Generation dagegen hat bereits eklatante Rentenlücken, ab den 1970ern wird es dann eng…)
Wenn Du diese Lücke nicht kennst, kannst Du sie auch nicht schließen. Und dann sitzt Du irgendwann da und fragst Dich, warum das Geld nicht reicht.
Was tun?
Rechne Dir aus, wie viel Du monatlich zurücklegen musst, um die Lücke zu schließen. Je früher Du anfängst, desto weniger musst Du jeden Monat sparen. Je später Du anfängst, desto schmerzhafter wird es.
Falls Du nicht weißt, wie Du das ausrechnest – genau dafür gibt es Menschen wie mich (und Bücher, die solche Leute schreiben). Beginne bitte, Dich damit zu beschäftigen. Nicht irgendwann, sondern heute.
5. Deine Vermögensquote – Die Zahl, die zeigt, ob Du auf Kurs bist
Die Vermögensquote zeigt, wie viel Vermögen Du im Verhältnis zu Deinem Jahreseinkommen aufgebaut hast.
Formel:
Vermögensquote = Vermögen / Bruttojahreseinkommen
Beispiel:
Du hast ein Vermögen von 80.000 Euro und verdienst brutto 50.000 Euro im Jahr.
Vermögensquote = 80.000 / 50.000 = 1,6
Warum ist das wichtig?
Sie zeigt Dir, ob Du im Verhältnis zu Deinem Einkommen genug Vermögen aufgebaut hast. Zum vermögen zählt alles, was Du auf der Bank und im Depot hast, nicht aber Deine selbst bewohnte Immobilie. Vermietete Immobilien darfst Du natürlich mit einrechnen (abzgl. der noch bestehenden Kreditschuld, die dafür aufgenommen wurde).
Es gibt eine – sehr grobe – Faustregel, wie viel Vermögen in welchem Alter als gesund zu betrachten ist:
Faustregel nach Alter:
- Mit 30: 0,5 bis 1 × Jahreseinkommen
- Mit 40: 2 bis 3 × Jahreseinkommen
- Mit 50: 4 bis 5 × Jahreseinkommen
- Mit 60: 6 bis 8 × Jahreseinkommen
Das sind natürlich nur Richtwerte. Aber sie geben Dir eine Orientierung: Liegst Du weit darunter, musst Du Gas geben. Liegst Du drüber, bist Du gut aufgestellt.
6. Deine Ausgabenstruktur – Die Zahl, die zeigt, wo Dein Geld hingeht
Du musst nicht jeden Cent tracken. Aber Du solltest wissen, wie sich Deine Ausgaben grob aufteilen.
Die 50-30-20-Regel ist eine sehr einfache Faustregel (die nur funktioniert, wenn Du nicht in München, Berlin oder anderen Höchstpreismieträumen lebst). Ideal wäre:
- 50 % Fixkosten (Miete, Nebenkosten, Versicherungen, Kreditraten etc.)
- 30 % Lebensqualität (Lebensmittel, Hobbys, Urlaub, Restaurant, Shopping)
- 20 % Sparen & Investieren
Beispiel:
Nettoeinkommen 3.000 Euro
- Fixkosten: 1.500 Euro (50 %)
- Lebensqualität: 900 Euro (30 %)
- Sparen: 600 Euro (20 %)
Warum ist das wichtig?
Wenn Deine Fixkosten über 60 % liegen, wird es eng. Du hast kaum Spielraum. Wenn Deine Lebensqualität unter 20 % liegt, lebst Du zu spartanisch. Wenn Du unter 10 % sparst, wird’s langfristig problematisch.
Die Ausgabenstruktur zeigt Dir, ob Deine finanzielle Balance stimmt – oder wo Du nachjustieren musst.
Was Du jetzt tun solltest
Nimm Dir eine Stunde Zeit und rechne diese Zahlen für Dich aus. Ehrlich. Ohne Schönfärberei.
- Sparquote: Wie viel legst Du zurück?
- Notfallreserve: Hast Du ein Polster?
- Schuldenquote: Wie viel Deines Einkommens geht für Kredite drauf?
- Rentenlücke: Wie groß ist die Lücke zwischen Rente und Bedarf?
- Vermögensquote: Hast Du genug Vermögen für Dein Alter?
- Ausgabenstruktur: Wo geht Dein Geld hin?
Die Zahlen werden Dir nicht immer gefallen. Aber sie werden Dir Klarheit geben. Und Klarheit ist der erste Schritt zur Veränderung.
Wenn Du diese Zahlen kennst, weißt Du, wo Du stehst. Und wenn Du weißt, wo Du stehst, kannst Du entscheiden, was Du ändern willst.
Du möchtest Unterstützung?
Finanzen im Griff zu haben bedeutet nicht, perfekt zu sein. Es bedeutet, die richtigen Zahlen zu kennen und danach zu handeln.
Falls Du Hilfe brauchst, Deine Zahlen zu berechnen – oder wenn Du merkst, dass sie nicht so aussehen, wie Du es Dir wünschst –, dann lass uns reden. Gemeinsam schauen wir, wo Du stehst und was Du tun kannst.
Natürlich erstmal kostenlos und unverbindlich.
Buch Dir einfach einen Termin: Link zum Kalender
Bis dahin: Setz Dich hin, rechne Deine Zahlen aus und schau ihnen ins Gesicht. Ohne Panik. Aber bitte auch nicht mit geschlossenen Augen.
Deine Anette





